
Statt als strenger Polizist, der mehr Reformen und immer weitere Sparanstrengungen fordert, präsentiert sich die deutsche Regierung in Spanien neuerdings als Freund und Helfer. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble kündigte Anfang Mai ein "Pilotprojekt" an: Deutsche Direktinvestitionen sollen in exportorientierte und innovative spanische Mittelstandsunternehmen kanalisiert werden. Details dieses Projekts seien bald spruchreif, sagte vergangene Woche Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen bei ihrer Stippvisite in Madrid.
Mit bilateralen Initiativen sucht Berlin schnelle Linderung für das derzeit wohl dringendste Problem Spaniens: die Kreditklemme, hervorgerufen durch das noch immer geschwächte Bankensystem. Darunter leiden besonders kleine und mittelgroße Unternehmen. Die Kapitalknappheit des spanischen Mittelstands verhindert wiederum, dass die Rekordarbeitslosigkeit von 27 Prozent sinkt.
Finanzinvestoren zögern noch
Seit Spanien im vergangenen Sommer einen EU-Hilfskredit von bis zu 100 Milliarden Euro für die Sanierung seines Finanzsystems beantragen musste, ist der Sektor zwar mit einem üppigen Kapitalkissen ausgestattet worden. Die verstaatlichten Banken lagerten zudem ihre Immobilienaktiva in die Bad Bank Sareb aus. Doch die Rezession treibt die Kreditausfälle weiter hoch und schmälert die Gewinne der Banken.
Ungewisse Konjunkturaussichten verhindern zudem, dass der Immobilienmarkt endlich wieder in Gang kommt. Zwar verkaufen die Geschäftsbanken einzelne Immobilien mit aggressiven Abschlägen an private Abnehmer, nicht zuletzt an Deutsche. Doch die großen Finanzinvestoren zögern noch, ganze Pakete mit Wohnungen, Bürohäusern oder sonstigen Immobilienaktiva von den Banken oder von der Bad Bank Sareb zu kaufen. Denn bisher ist ungewiss, ob und wann die Immobilien wieder renditeträchtig vermietet werden können.
So bleiben Anleger skeptisch gegenüber Spaniens Banken, die am Kapitalmarkt noch immer mehr für die eigene Finanzierung zahlen müssen als etwa die Konkurrenz in Deutschland. Diese Mehrkosten reichen die spanischen Banken an ihre Kreditkunden weiter.
Zudem hat die Banco de España unlängst strengere Regeln für refinanzierte Kredite im Bankensektor aufgestellt. Ein Großteil dieser Kredite muss künftig mit Rückstellungen abgesichert werden. "Die neuen Regeln werden die ohnehin schwachen Gewinne dieses Jahr schmälern und wohl die Kreditausfälle weiter hochtreiben, weil Banken weniger Anreiz haben, zweifelhafte Kredite zu refinanzieren", urteilen die Bankanalysten der Investmentbank N+1.