




Mit kämpferischen Worten hatte die griechische Regierung in Brüssel in den vergangenen Tagen für Aufsehen – und zum Teil auch: genervtes Stirnrunzeln – gesorgt. „Wir arbeiten an einem ehrenhaften Kompromiss, der die Austeritätspolitik beendet“, polterte der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras. Die Troika sei im Land unerwünscht; eine Fortsetzung der bisherigen Politik könne es nicht geben. Das wäre gleichbedeutend mit einer griechischen „Kapitulation“.
Europa reagierte – etwa in Person des Eurogruppenchefs Jeroen Dijsselbloem – genervt und setzte den Griechen ein Ultimatum. Würde bis Ende dieser Woche kein schriftlicher Antrag auf Verlängerung des Rettungsprogramms eintreffen, so die Eurofinanzminister, sei ein Kompromiss kaum mehr möglich – und die Griechen auf sich alleine gestellt.
„Kein substanzieller Lösungsvorschlag“
Tsipras und seine Mannen lenkten ein. Am Donnerstag traf das Hilfgesuch aus Athen in Belgien ein. Und dies liest sich deutlich zurückhaltender und kompromissbereiter, als man nach den Tönen aus Griechenland in den vergangenen Tagen und Wochen erwarten musste. So zeigt sich die griechische Führung etwa bereit, von EU, EZB und IWF „beaufsichtigt“ zu werden. Am Freitagnachmittag berät die Eurogruppe über den Antrag auf Verlängerung der Finanzhilfen – ohne den Griechenland schon Mitte März pleite sein könnte. Ein Szenario, das sich kaum einer wünscht. „Weder die griechische Regierung noch die anderen europäischen Regierungen wollen den Grexit, auch wenn ein kleiner Teil der Öffentlichkeit in Griechenland wie im übrigen Europa diesen Wunsch äußert“, unterstreicht Bruno Cavalier, Chefvolkswirt von „Oddo &Cie“, Paris, einer unabhängigen und familiengeführten Finanzdienstleistungsgruppe, im Gespräch mit WirtschaftsWoche Online.
„Abgesehen von den Kosten für den Steuerzahler, würde sich mit dem Austritt Griechenland auch das Wesen der Eurozone selbst ändern“, erklärt der Franzose. „Nicht-europäische Investoren könnten dann fürchten, dass sich dies, einmal geschehen, in Zukunft bei anderen Ländern wiederholen könnte.“ So ist in der Tat zu erwarten, dass die Eurogruppe den griechischen Antrag mit Wohlwollen entgegennimmt und berät – obwohl die Bundesregierung vorab verlauten ließ, das griechische Schreiben sei „kein substanzieller Lösungsvorschlag“. Griechenlands Finanzminister Gianis Varoufakis muss also nacharbeiten, ein Kompromiss ist aber nach wie vor wahrscheinlicher als ein „Grexit“. Doch ist diese Haltung nachvollziehbar? Verdient Griechenland eine weitere Chance?
Weitere Stationen im griechischen Schuldendrama
Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB). Dabei könnte eine Aufstockung und Verlängerung der Notfallhilfe für Griechenland bewilligt werden. Die griechischen Banken haben immer größere Probleme, weil Bürger des Landes ihre Konten aus Furcht vor der finanziellen Zukunft abräumen. Seit vergangenen Mittwoch können die Banken griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheit für EZB-Kredite hinterlegen, um an frisches Geld zu kommen.
Das Ultimatum der Europartner für Griechenland läuft ab. Bis dahin soll Athen einen Antrag für eine sechsmonatige Verlängerung des Hilfsprogramms stellen - zusammen mit verbindlichen Zusagen.
Das bereits verlängerte Hilfsprogramm der Europäer endet. Aus dem Programm stehen noch 1,8 Milliarden Euro aus.
2,1 Milliarden Euro müssen an den IWF und 1,9 Milliarden Euro an Zinsen gezahlt werden.
Die Finanzminister der Euro-Zone kommen routinemäßig zusammen, Griechenland dürfte wieder ein Thema sein.
Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU.
Im Juni sind 2,62 Milliarden an Schulden fällig, im Juli 5,12 Milliarden und im August 3,69 Milliarden Euro. 6,68 Milliarden davon sind Schulden bei europäischen Institutionen. Insgesamt muss Athen 2015 rund 22,5 Milliarden Euro zurückzahlen.
Zu den Fakten: Seit fast fünf Jahren kommt das Land nur noch mir internationalen Krediten und Zusagen über die Runden; bis Februar wurden über zwei Rettungspakete fast 200 Milliarden Euro an Griechenland. Über zu wenig Hilfe kann sich Griechenland folglich nicht beschweren. Im Gegenzug sollten und wollten die Hellenen ihr Land reformieren: Die Wirtschaft sollte wettbewerbsfähiger werden, durch Privatisierungen und Steuererhöhungen sollten die Staatseinnahmen erhöht werden.
Das ist nur zu einem Teil geschehen – wenn überhaupt.