Schuldenkrise Zypern-Rettung wird konkreter

Trotz aller Dementis der Bundesregierung wird hinter den Kulissen an einem Milliardenkredit der Euro-Länder für die Mittelmeerinsel gearbeitet. Die Entscheidung fällt in Moskau.

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Zyperns Kreditinstitute wackeln - Nun fallen die Entscheidungen um die Mittelmeerinsel in Russland Quelle: REUTERS

Die Formulierung ist so allgemein wie möglich gehalten. „Interessierte Drittstaaten“ sollen sich am Dialog über eine Rettung Zyperns beteiligen, sagt Martin Kotthaus, Sprecher des Finanzministeriums. Gemeint ist eigentlich aber nur ein einziger Staat: Russland. Beteiligt sich Moskau an der Rettung des von der Pleite bedrohten Inselstaates, wird die Euro-Gruppe wohl noch im März Hilfskredite in Höhe von rund 17,5 Milliarden Euro bereitstellen – trotz aller Dementis aus Berlin. Im Hintergrund laufen bereits die Gespräche, auch mit Moskau.

Wissenswertes über Zypern

Denn Russland und die Mittelmeerinsel sind traditionell eng miteinander verflochten. Bis zu 40.000 Russen leben in der Republik Zypern, hauptsächlich in der Hafenstadt Limassol. Noch mehr russische Bürger haben Bankkonten auf der geteilten Insel. Rund 25 Milliarden Dollar sollen sie bei zypriotischen Banken deponiert haben, das ist mehr als die gesamte Wirtschaftsleistung des Landes. Der Milliardär Dimitri Rybolowlew ist gar größter Anteilseigner der „Bank of Cyprus“, dem größten Geldinstitut des Landes.

Die Institute wackeln

Rybolowlew und seine anderen Landleute müssen sich um ihr Geld sorgen, nachdem sich die zypriotischen Banken mit dem Kauf von griechischen Staatsanleihen verzockt haben. Nicht nur der Staat, auch die griechischen Bürger konnten sich fleißig beim kleinen Nachbarn Geld leihen: Rund ein Viertel ihrer ausgereichten Kredite haben die zypriotischen Banken in Griechenland vergeben. Fraglich, ob sie ihr Geld jemals wiedersehen, die Institute wackeln.

Eurogruppe hält sich zu Zypern-Rettung bedeckt

Um einen Kollaps der Banken zu verhindern, braucht der Staat rund zehn Milliarden Euro. Da auch die Staatskassen leer sind, hat Zypern schon im vergangenen Jahr einen Hilfsantrag bei den Euro-Partnern in Höhe von 17,5 Milliarden Euro gebeten. Die verweigern bislang – anders als Russland – jede Zusage. Zypern hat sich bislang schon fünf Milliarden Euro zu einem Zinssatz von 4,5 Prozent von Russland geliehen. Ab diesem Jahr beginnt die Rückzahlung. Doch Europa fordert eine Verlängerung der Kredite, um mit den Hilfskrediten nicht die russischen Geschäfte abzusichern.

"Russland muss die Kredite verlängern"

„Der Kredit, den Russland Zypern gewährt hat, muss mindestens für die Laufzeit des Anpassungsprogramms zins- und tilgungsfrei gestellt werden“, fordert SPD-Haushaltsexperte Carsten Schneider. Andernfalls drohe der ESM-Kredit zur Rückzahlung des Kredits an Russland verwendet zu werden. Auch der Haushaltspolitiker der Union Norbert Barthle fordert gegenüber „Zeit Online“: „Russland muss diese Kredite verlängern. Das ist eine Voraussetzung für unsere Zustimmung im Bundestag zu einem EU-Hilfsprogramm.“

Moskau ist dazu offenbar bereit. Das deutete Präsident Wladimir Putin am Rande des Treffens der G20-Finanzminister in Moskau an. Der Grund: Einen Kollaps der Mittelmeerinsel würden viele Exil-Russen auch ihrer Führung in Moskau ankreiden.

Forderungen ausländischer Banken gegenüber Zypern

Geldwäsche und Steuerhinterziehung

Möglicherweise gibt es im Gegenzug für die Streckung der Kredite auch Einblicke in die Bücher der zypriotischen Banken. Daten der russischen Notenbank deuten darauf hin, dass Russen den Inselstaat seit Längerem in großem Stil für die Geldwäsche und Steuerhinterziehung nutzen. Das gefällt der Regierung verständlicherweise gar nicht.

So oder so drängt die Zeit: Schon zu Ostern könnte das Land zahlungsunfähig sein. Bereits am Wochenende steht der nächste wichtige Termin an, die zweite Runde der zypriotischen Präsidentschaftswahlen.

Der konservative Favorit Nikos Anastasiades siegte in der ersten Runde deutlich, verpasste aber die absolute Mehrheit. Anastasiades genießt die Unterstützung der Euro-Rettungspolitiker, da er verspricht, den Haushalt zu sanieren und den Kampf gegen Korruption anzutreten.

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