
Mit bloßem Auge ist die Fälschung auf den Euro-Münzen kaum zu erkennen. Als 2007 die Vorderseite der Geldstücke neu entworfen wurde, rutschte Zypern auf der Landkarte um ein paar Grad gen Westen. Ohne den grafischen Kniff hätte der östlichste Mitgliedstaat der Europäischen Union nicht mehr auf die Münzen gepasst.
Getrickst haben bei Zypern aber nicht nur die Designer. Nach heutigem Ermessen hätten die europäischen Staats- und Regierungschefs das Land 2004 gar nicht in die Europäische Union aufnehmen dürfen. Allein die geografische Lage spricht dagegen; Zypern liegt näher am Libanon als am nächsten EU-Nachbarn Griechenland. Und noch gravierender: Mit der geteilten Insel hat sich die EU einen ungelösten internationalen Konflikt ins Haus geholt. „Die Frage der beiden Teilstaaten auf Zypern ist leider ein sehr belastendes Moment geblieben“, sagt der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger, „das nicht vorher gelöst zu haben war sicherlich ein Fehler.“ Doch weil Griechenland drohte, die Osterweiterung zu blockieren, wenn Zypern nicht Teil der Gemeinschaft werde, ignorierte man den Konflikt.
Seit Zypern aber in den Sog der Griechenlandkrise geraten ist und Milliardenhilfe bei der EU beantragt hat, wird immer deutlicher, wie wenig das Land in die Gemeinschaft passt. Der Politikstil, der laxe Umgang mit Schwarzgeld und der starke Einfluss religiöser Figuren ähneln eher den nahöstlichen Nachbarn als Westeuropa.
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Wissenswertes über Zypern
Die Republik Zypern liegt in Vorder-Asien. Sie ist aufgeteilt in die Türkische Republik Nordzypern und den griechischen Teil, die Republik Zypern. Die Hauptstadt ist Nikosia. Zypern ist die drittgrößte Insel des Mittelmeeres und erlangte im Jahre 1960 ihre Unabhängigkeit.
Insgesamt leben 1,2 Millionen Menschen auf der ehemaligen britischen Insel Zypern. 77 Prozent der Bevölkerung sind Griechen, 18 Prozent sind Türken. Die Amtssprachen sind Türkisch und Griechisch.
Die zyprische Wirtschaft leidet traditionell an einer Exportschwäche, die sich 2010 in einem Handelsbilanzdefizit von 5,3 Milliarden Euro niederschlug. Die 2010 wieder stark gestiegenen Importe – Wert von 6,47 Milliarden Euro – stehen Exporten im Wert von gerade einmal 1,15 Milliarden Euro gegenüber. Noch zu Beginn des Jahres 2011 lag die Arbeitslosigkeit bei sechs Prozent. Inzwischen ist sie auf über zehn Prozent angestiegen und hat einen historischen Höchststand erreicht.
Ja, Zypern lebt hauptsächlich von den Bodenschätzen und der Landwirtschaft. Das Kupfervorkommen war so enorm, dass das Metall der Insel ihren Namen gab. Der lateinische Name "cuprum" ist abgeleitet von "aes cyprium". In den Bergen findet man große Vorkommen an Marmor, an den Stränden wird Tonerde abgebaut.
Das milde Klima auf der Insel begünstigt die Ernte. So können Bauern zweimal im Jahr Obst, Gemüse und auch Getreide ernten. Beliebt sind neben den Zitrusfrüchten auch die zypriotischen Kartoffeln. Wichtigste Abnehmerländer sind Griechenland (24,5 Prozent), Deutschland (10,5 Prozent) und England (8,6 Prozent).
Der Einfluss der britischen Kolonialzeit ist geblieben. Nicht nur, dass vielerorts noch Englisch gesprochen wird. Das beliebte englische Frühstück können die englischen Touristen auf Zypern genießen. Das Linksfahren gilt auf der geteilten Insel genauso wie auch in Großbritannien. Seien Sie also im Straßenverkehr besonders vorsichtig!
Die Fahne Zyperns ist weiß mit einem Abbild der Insel. Die orange Farbe steht symbolisch für das Metall Kupfer, das bereits 3000 v. Chr. auf Zypern entdeckt wurde. Nach diesem Metall wurde übrigens auch die Insel benannt. Weiterhin sieht man zwei Olivenbaum-Zweige. Sie stehen für die beiden Volksgruppen auf Zypern.
Eindeutig kochen. Die multikulturelle Küche ist durch die Besatzungszeiten der Römer, Osmanen und auch des britischen Commonwealth von vielen unterschiedlichen Kulturen beeinflusst. Neben den orientalisch-kulinarischen Einflüssen wie Zitrone, Joghurt und Knoblauch sind indische Zutaten wie Ingwer und Curry sehr beliebt. Nicht nur in der Gegenwart, auch in der Antike schätzten die Menschen den zypriotischen Wein.
Lange Zeit war die Republik Zypern mit ihren 800.000 Einwohnern und ihrem Bruttoinlandsprodukt von 18 Milliarden Euro zu klein, als dass sich in der EU jemand ernsthaft mit ihr beschäftigt hätte. Selbst als sich der kommunistische Staatspräsident Dimitris Christofias im vergangenen Jahr ausgerechnet in Russland einen Kredit von 2,5 Milliarden Euro sicherte, um die Auflagen eines europäisches Hilfspakets zu umgehen, regte sich in der EU keinerlei Protest. Rein formal war dagegen auch nichts einzuwenden. Staaten der Euro-Zone steht es frei, Kredite von Drittländern anzunehmen.
Russland war für den fließend russisch sprechenden Christofias eine naheliegende Wahl. Bis zu 40.000 Russen leben in der Republik Zypern. Viele von ihnen haben sich in der Hafenstadt Limassol angesiedelt, wo gerade die modernste Marina des Mittelmeers entsteht, die auf zahlungskräftige Klientel mit Superyachten hofft. Es lockt nicht nur ein mildes Klima, sondern auch die Aussicht auf ungestörte Geschäfte. Daten der russischen Notenbank deuten darauf hin, dass Russen Zypern in großem Stil für die Geldwäsche und Steuerhinterziehung nutzen. Im vergangenen Jahr flossen 122 Milliarden Dollar aus Russland nach Zypern, ungefähr 30 Prozent der Kapitalabgänge. Gleichzeitig kamen 129 Milliarden Dollar zurück. Auf dem Papier ist Zypern somit der größte ausländische Investor in Russland.
Die geringe Auskunftsfreude der zypriotischen Finanzämter irritierte die russische Regierung so sehr, dass Moskau Zypern zeitweise auf eine schwarze Liste von Steuerparadiesen setzte. Doch ein Steuerabkommen beschwichtigte die Russen.