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Schuldenkrise Zyprische Banken öffnen doch nicht

Die zyprischen Banken bleiben weiter geschlossen: Ursprünglich war geplant zumindest einige Kreditinstitute am Dienstag wieder zu eröffnen. Dies gab am späten Montagabend der zyprische Finanzminister Michalis Sarris bekannt.

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Berlusconi schürt antideutsche Kampagne
Italiens Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi und seine Partei Forza Italia (FI) wollen im Europa-Wahlkampf mit kritischen Parolen über Deutschland punkten. Berlusconi griff den sozialdemokratischen EU-Spitzenkandidaten Martin Schulz scharf an und verunglimpfte dabei auch dessen Landsleute mit der Aussage, die Deutschen hätten die Existenz von Konzentrationslagern nie anerkannt. Die FI plakatiert indes den Slogan „Più Italia, meno Germania“ („Mehr Italien, weniger Deutschland“). Die SPD protestierte umgehend, auch in der CDU gibt es Kritik. Forza Italia macht die deutsche Sparpolitik für die Rezession der italienischen Wirtschaft verantwortlich. Berlusconis Partei fordert, sich dem Kurs zu widersetzen. Schulz sagte dazu dem „Spiegel“: „Es ist empörend, dass eine Schwesterpartei der CDU in Italien mit antideutschen Parolen Wahlkampf macht.“ Aus Berlusconis Umgebung wurde die Kritik als „politische Instrumentalisierung“ abgetan. Berlusconi attackierte Schulz und die Deutschen mit Rückgriffen auf die grausame deutsche Geschichte: Er habe im Jahr 2003 für Schulz unfreiwillig Werbung gemacht, als der dem damaligen EU-Parlamentarier vorwarf, dieser sei die ideale Besetzung für die Rolle eines KZ-Aufsehers, sagte der ehemalige italienische Ministerpräsident bei einer Parteiveranstaltung am Samstag in Mailand. „Ich wollte ihn nicht beleidigen, aber, um Gottes Willen, für die Deutschen haben die Konzentrationslager nie existiert“, zitierte die Nachrichtenagentur Ansa den erneuten Ausfall Berlusconis. „Die Katyn-Lager, ja doch, die deutschen nicht“, fügte der rechtskräftig verurteilte Steuerbetrüger demnach hinzu. In Katyn hatten sowjetische Truppen im Frühjahr 1940 Tausende polnische Soldaten ermordet. Konzentrationslager gab es dort nicht. Quelle: dpa
In Griechenland geht die Angst vor neuen Sparauflagen um. Nachdem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Mittwoch verlauten ließ, Griechenland werde nach 2015 ein drittes Hilfspaket benötigen, kochten die Emotionen in den griechischen Medien hoch. Die Athener " Zeitung der Redakteure" (im Bild) ahnte sogleich "neue, unerträgliche Sparauflagen für das griechische Volk" voraus. Schäuble, so hieß es, arbeite bereits an einem neuen Kreditvertrag für Griechenland. Die Zeitung "Real" titelte gar: "Herr Schäuble, bringen Sie das gestohlene Geld zurück". Das Blatt "Ta Nea" sieht einen Zusammenhang zwischen dem Besuch des EZB-Direktors Asmussen in Athen und Schäubles Äußerungen - Asmussen habe bereits Einzelheiten eines neuen Hilfskonzepts im Gepäck, wurde gemutmaßt. Der EZB-Direktor wies diese Spekulationen im Anschluss an sein Treffen mit dem griechischen Finanzminister Stournaras zurück. Quelle: Screenshot
Noch relativ freundlich geht das britische Wirtschaftsmagazin "The Economist" mit den Deutschen ins Gericht. Als zögerlichen Herrscher bezeichnete das Magazin Deutschland im Juni 2013. Deutlich schärfer blies der Wind dagegen in den letzten Monaten aus Südeuropa...
Angela Merkel auf dem Cover der griechischen Zeitschrift Crash Quelle: Handelsblatt Online.
Europäische Politiker in einer Titelgeschichte der griechischen Zeitschrift Crash Quelle: Handelsblatt Online.
Cover der griechischen Magazins crash Quelle: dpa
Neben Bundeskanzlerin Angela Merkel ist auch IWF-Chefin Christine Lagarde zum Hassobjekt in Griechenland geworden. Hier werden die beiden Politikerinnen als Krähen dargestellt, die Griechenland bestehlen wollen. Soldaten versuchen, die beiden Frauen mit den Hitler-Bärten abzuwehren.

Zuvor hatte die Zentralbank erklärt, dass am Dienstag alle kleinen Kooperativbanken, die kleine zyprische Hellenic Bank sowie alle ausländischen Banken aufmachen würden. Die beiden angeschlagenen großen Banken, Bank of Cyprus und Laiki Bank, sollten von vornherein erst am Donnerstag wieder öffnen. Zur Begründung für die kurzfristige Änderung verwies das Finanzministerium auf die „ebenmäßige Funktion des gesamten zyprischen Bankensystems“. Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Kreisen des Ministeriums erfuhr, hängt die Änderung damit zusammen, dass die kleinen Banken heftig gegen ihre Öffnung getrennt von den großen protestiert hätten. Sie hätten einen Ansturm der Kunden befürchtet. Die Banken auf Zypern sind bereits seit dem 16. März geschlossen.

Zudem soll es zu einem heftigen Streit zwischen dem Präsidenten Nikos Anastastiades und dem Notenbankchef Panikos Demetriades gekommen sein, berichteten zyprische Medien. Anastasiades soll dem Zentralbankchef vorgeworfen haben, er werde mit der Öffnung nur einiger Banken erst Recht Verwirrung stiften. Der zyprische Präsident Nikos Anastasiades kündigte am Montagabend Einschränkungen des Kapitalverkehrs an. Damit wolle die Zentralbank das Bankensystem der Inselrepublik schützen. Die Beschränkungen seien zeitlich begrenzt. „Ich versichere Ihnen, dass dies nicht lange dauern wird.“ Die Maßnahmen sollten stufenweise wieder „abgeschwächt“ werden. Einzelheiten nannte er nicht. Erwartet wird, dass Kunden künftig nur bestimmte Höchstbeträge pro Tag und Monat abheben dürfen. Mit den Einschränkungen soll verhindert werden, dass alle Sparer ihr ganzes Geld abziehen. Das Limit für Geldautomaten war am Sonntag je nach Bank auf 100 bis 120 Euro reduziert worden.

Das deutliche Aufatmen an den Finanzmärkten nach der Einigung über das Zypern-Rettungspaket währte nur kurz: Händler machten Aussagen des neuen Eurogruppenchefs Jeroen Dijsselbloem dafür verantwortlich. Er hatte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters und der Wirtschaftszeitung "Financial Times" am Montag erklärt, dass der Fall Zypern Modell für den Umgang mit drohenden Bankpleiten in der Zukunft stehe. Zum anderen sei klar, dass auch andere Euro-Länder mit übergroßem Bankensektor diesen verkleinern müssten. "Was wir vergangene Nacht getan haben, bezeichne ich als Risiken zurückdrängen", sagte Dijsselbloem.

Die Chronik der Zypern-Krise

Dieser habe den Restrukturierungsplan für die zyprischen Banken, der für Großanleger herbe Verluste erwarten lässt, als Vorlage für das Vorgehen im Fall wackelnder Banken im Rest der Eurozone empfohlen. Der Dax schloss am Montag prompt 0,51 Prozent tiefer bei 7870,90 Punkten - bis in den Nachmittag hinein hatte der Leitindex noch von der Erleichterung über die vorläufige Rettung Zyperns profitiert.

Selbst ein zwischenzeitliches Rekordhoch an der New Yorker Börse half jedoch nicht, die Gewinne zu halten. Der Euro geriet ebenfalls unter Druck und sank zuletzt auf 1,2858 US-Dollar. Nach dem zähem Zypern-Kompromiss war der Euro noch auf über 1,30 US-Dollar gesprungen. Die Börsen verbuchten teils deutliche Gewinne. Euphorie kam jedoch nicht auf. Die schwierigen Verhandlungen um die Rettung eines Eurolandes mit nur wenig Wirtschaftskraft zeige, dass die Eurozone ihre Krise noch längst nicht überwunden habe. Die Verunsicherung an den Märkten wurde durch spätere Interviews Dijsselbloems noch geschürt.

Befragt nach möglichen Folgen für Luxemburg oder Malta, deren Bankensektoren ebenfalls extrem groß sind, betonte er: "Das bedeutet: Klärt das, bevor es zu Schwierigkeiten kommt. Stärkt Eure Banken, repariert die Bilanzen und seid Euch im Klaren darüber, wenn Banken in Probleme geraten, kommen wir nicht automatisch, um sie zu lösen." Krisenbanken müssten damit ebenso wie ihre Heimatländer damit rechnen, in Zukunft "zurückgestoßen" zu werden. "Ihr müsst Euch damit beschäftigen", wandte sich Dijsselbloem an Partnerstaaten in der Euro-Zone. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte dagegen stets betont, Zypern sei ein Einzelfall.

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