




Der IWF fordere einen Schuldenschnitt für Griechenland, lautete kurzzeitig die Schlagzeile. Wenig später ließ Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble dementieren. Der IWF-Vertreter habe bei den jüngsten Gesprächen über Griechenland nur verschiedene Optionen erwähnt, hieß es gestern im Laufe des Tages. Vom Tisch ist ein Schuldenschnitt für die Griechen damit allerdings beileibe nicht.
Der IWF spricht nur aus, was alle anderen auch wissen. Selbst wenn die links-/rechtsextreme Regierung in Athen wieder zum alten Reformkurs ihrer Vorgänger zurückkehrt, kann das Land nicht aus eigener Kraft die Krise stemmen. Selbst 2014 erreichte das Land nicht die gesteckten Wachstumsziele. Für dieses Jahr sieht es zappen duster aus. Die Schuldentragfähigkeit, so heißt der Fachbegriff, ist für Griechenland nicht gegeben. Folglich muss etwas Radikaleres als bisher geschehen – an Reformen, an Strukturveränderungen, am System der Steuererfassung, oder aber auch ein erneuter Schuldenschnitt.
Griechenlands Zahlungsverpflichtungen 2015
Die griechische Regierung muss in diesem Jahr noch rund 17 Milliarden Euro an Krediten und Zinsen zurückzahlen. Der größte Batzen entfällt dabei mit rund 8,1 Milliarden Euro auf den Internationalen Währungsfonds (IWF). Daneben stehen Zahlungen an die Europäische Zentralbank (EZB), private Gläubiger sowie die Partner aus der Eurozone aus. Ungeachtet der Verlängerung des Hilfsprogramms mit den Euro-Partnern ist bisher unklar, wie Finanzminister Yanis Varoufakis die Mittel aufbringen will. Vor allem im Juli und August stehen Rückzahlungen über mehrere Milliarden Euro an. Es folgt eine Auflistung darüber, was Griechenland in welchem Monat dieses Jahres zahlen muss.
Rundungsdifferenzen möglich, Quelle: Eurobank Athen, eigene Berechnungen (Reuters)
Rund 1,5 Milliarden an den IWF, 75 Millionen Zahlungen an andere - insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro.
450 Millionen an IWF, 275 Millionen an Zinsen - insgesamt rund 0,7 Milliarden Euro.
750 Millionen plus 196 Millionen an IWF, sowie 77 Millionen für bilaterale Kredite - insgesamt rund 1 Milliarden Euro.
1,5 Milliarden an IWF plus 280 Milliarden an EZB und andere - insgesamt 1,7 Milliarden Euro.
450 Millionen an IWF, 3,5 Milliarden an EZB, 700 Millionen an Zinsen für EZB - insgesamt rund 4,8 Milliarden Euro.
Rund 170 Millionen an IWF, 3,2 Milliarden an EZB und andere Notenbanken, 190 Millionen an Zinsen - insgesamt rund 3,7 Milliarden Euro.
1,5 Milliarden Euro an IWF.
450 Millionen an IWF, 200 Millionen an andere - insgesamt 0,65 Milliarden Euro.
150 Millionen an IWF, 77 Millionen bilaterale Kredite - rund 0,23 Milliarden Euro
1,1 Milliarden Euro an IWF.
Bei ersten Schuldenschnitt mussten Privatanleger und Banken bluten. Inzwischen sind die Europäische Zentralbank und die EU-Partnerländer die größten Gläubiger. Deutschland hat rund 50 Milliarden im Feuer. Ein 50-prozentiger Schuldenschnitt würde also den Haushalt von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sofort mit ungefähr 25 Milliarden Euro belasten. Groß wäre der öffentliche Aufschrei. Die Regierung würde der Lüge bezichtigt, die AfD bekäme wieder kräftig Wind unter ihre inzwischen lahmen Flügel, Schäuble wäre seinen ausgeglichenen Haushalt los.
Bluten für Athen – nein, das ist extrem unpopulär. Vor allem, nachdem die neue Regierung von Alexis Tsipras Deutschland verbal quasi den Krieg erklärt hat und auf aggressive Betteltour gegangen ist, anstatt sich zuallererst im eigenen Land mit einem nationalen Kraftakt aus der Krise zu kämpfen. Das weiß auch die Bundesregierung, und deshalb wird sie alles tun, damit es nicht zu einem Schuldenschnitt für die Griechen kommt. Nicht jetzt, nicht nächstes Jahr und erst recht nicht im Wahljahr 2017.