Schwarze Liste EU benennt erstmals Staaten mit hohem Geldwäscherisiko

Quelle: dpa

Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung: Die EU veröffentlicht eine neue schwarze Liste mit 23 Risikostaaten. Das stößt auf einigen Widerstand – auch in den eigenen Reihen.

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Saudi-Arabien und Panama haben heftige Lobbyarbeit betrieben, um nicht aufgeführt zu werden. Die EU identifiziert fast doppelt so viele Problemländer wie die bisherige internationale Referenzliste.

Selten ist die EU-Kommission bei einem Vorhaben so lobbyiert worden wie bei der neuen Liste von Geldwäschestaaten. Saudi-Arabien und Panama haben Minister nach Brüssel geschickt, um nicht in der Riege der Schmuddelstaaten erwähnt zu werden.

Genutzt hat der Aufwand nicht. Am heutigen Mittwoch hat EU-Justizkommissarin Vera Jourova eine Liste mit 23 Staaten vorgestellt, die beide Länder als Hort von Geldwäsche oder Terrorfinanzierung aufzählt (zur vollständigen Liste). Ebenfalls auf der Liste: Staaten wie Afghanistan, Iran, Irak, Pakistan, Nordkorea, Panama oder die Virgin Islands.

Die Liste der Drittstaaten mit hohem Risiko für düstere Deals ist fast doppelt so lange wie das bisherige Standardwerk, die Auflistung der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF), die zur OECD gehört. Politischer Druck der USA hat bisher dazu geführt, dass ein befreundetes Land wie Panama nicht in der FATF-Liste auftauchte. Außerdem gelten deren Kriterien als recht milde.

Deswegen identifiziert die EU nun erstmals selbst Risikoländer. „Wir wollen einen Standard setzen“, heißt es aus der Kommission. „Die FATF-Liste war keine Option.“ EU-Justizkommissarin Vera Jourova spricht davon, dass die EU die „höchsten Standards der Welt im Kampf gegen Geldwäsche“ erreiche.
Die Liste könnte vor allem Streit mit den USA auslösen, denn das US-Territorium Samoa wird genauso aufgeführt wie die Virgin Islands und das US-Außengebiet Puerto Rico.

Wenn Staaten mit aller Macht versuchen, nicht genannt zu werden, belegt das die Wirksamkeit einer solchen Aufzählung. Länder fürchten ganz offensichtlich um ihr Ansehen. Saudi-Arabien monierte in Brüssel, dass es unfair sei, wenn das Scheichtum Katar nicht aufgeführt werde. Konkrete Sanktionen drohen den Ländern nicht, allerdings werden Transaktionen mit der EU schwieriger. Europäische Banken müssen Partner in den Risikoländern verstärkt prüfen.

von Saskia Littmann, Andreas Macho, Cornelius Welp, Mark Fehr

Die EU-Mitgliedsstaaten und das Europäische Parlament könnten die Liste noch stoppen, doch dies gilt in Brüssel als unwahrscheinlich. Acht Mitgliedsstaaten haben vergangene Woche bei einem Treffen der EU-Botschafter gefordert, die Veröffentlichung der Liste zu verschieben, weil mehr Zeit für eine Prüfung notwendig sei. Große Länder wie Großbritannien, Frankreich, Italien und Deutschland waren besorgt um die politischen Konsequenzen der Liste.

Um sie noch zu verhindern, müssten allerdings 16 Länder dagegen stimmen. Eine solche Mehrheit zeichnet sich derzeit nicht ab. Kleine Staaten wie Malta, die selbst wegen fragwürdiger Finanztransaktionen im Zwielicht stehen, scheinen sogar erleichtert, dass die Liste der Drittländer das Augenmerk auf andere lenkt.

Aus dem Europäischen Parlament ist kein Widerstand zu erwarten. Die Europaabgeordneten fordern seit Jahren eine eigenständige europäische Schwarze Liste, eine „die ihrem Namen gerecht wird“, wie es der grüne Europa-Abgeordnete Sven Giegold formuliert. Er lobt die Liste nun als „lang, aber nicht komplett“. Russland und Aserbaidschan fehlen nach seiner Einschätzung ebenso wie der Finanzplatz London.

Allerdings beschränkt sich die Liste ganz bewusst auf Drittstaaten. Giegold dringt darauf, dass die EU-Kommission den Kampf gegen die Geldwäsche innerhalb der EU beschleunigen müsse.

Die EU-Kommission ist bei der Geldwäsche-Liste in einer ungleich stärkeren Position als bei der Auflistung der Steuerparadiese. Diese kungeln die Finanzminister der EU-Mitgliedsstaaten im Geheimen aus. In der vierten Geldwäscherichtlinie ist dagegen vorgesehen, dass die EU-Kommission die Liste erstellt und diese nur von einer Mehrheit der Mitgliedsstaaten gekippt werden kann.

Die Kriterien, nach denen die EU-Kommission erstellt hat, stehen seit langem fest und sind in acht Blöcke aufgeteilt. So prüfen die Brüsseler Beamten etwa, ob Geldwäsche und Terrorfinanzierung als Straftat angesehen und geahndet wird und inwieweit Finanzinstitute verdächtige Transaktionen melden müssen. Auch die Auskunftsbereitschaft von Drittstaaten gegenüber EU-Staaten wird beurteilt.

Die EU-Kommission hat sich bei ihrer Analyse zunächst auf 54 Länder beschränkt, die eines von drei Kriterien erfüllt haben. Sie haben entweder eine systemische Auswirkung auf das EU-Finanzsystem. Oder sie werden vom Internationalen Währungsfonds (IWF) als Off-Shore-Finanzzentrum eingeschätzt. Oder sie sind mit der EU-Wirtschaft stark verbunden. Weitere Länder sollen in einem zweiten Schritt untersucht werden. Das EU-Parlament drängt darauf, dass dies schnell passiert.

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