"Europa wird weniger wichtig für uns und wir müssen uns sehr bewusst neu orientieren", sagt Schwedens Finanzminister Anders Borg. Wolle Schweden weiter wachsen, müsse es sich vom Euro-Raum lösen und sich stärker auf die Schwellenländer konzentrieren.
Die Einführung der Gemeinschaftswährung ist in Schweden kein Thema mehr. Vielmehr versuchen die Skandinavier, auf alle Fälle vorbereitet zu sein – auch auf ein Auseinanderbrechen des Euro-Raums. "Natürlich können die Griechen auch Glück haben. Sie können das Tor noch treffen, und alles wird gut. Aber so, wie sie die Lage bisher gehandhabt haben und mit den Schulden kann ich nicht ausschließen, dass das Land am Ende Bankrott geht", sagt Borg.
Rufe der Unternehmer nach dem Euro werden leiser
Seit dem Ausbruch der Schuldenkrise sind auch die Rufe der schwedischen Unternehmer nach dem Euro deutlich leiser geworden. Noch vor einigen Jahren bildeten Konzerne wie Volvo, Ericsson und Electrolux Netzwerke, die für die Gemeinschaftswährung ins Feld zogen. Doch in der Finanzkrise hat die exportabhängige Wirtschaft von der damals schwachen Nationalwährung profitiert. Inzwischen ist die Schwedische Krone an den Euro gekoppelt und hat deutlich angezogen. Das spürt auch die exportabhängige Wirtschaft. Im vergangenen Jahr wuchs das Bruttoinlandsprodukt um starke 3,9 Prozent. In diesem Jahr soll die Wirtschaft laut Prognosen aber nur noch leicht wachsen, um 0,4 Prozent. Die Arbeitslosenquote lag Ende 2011 bei 7,5 Prozent.
Wissenswertes über Schweden
Die wichtigsten Ausfuhrprodukte sind Pharmazeutika, Maschinen, Uhren, Präzisionsinstrumente und Elektronikprodukte. Exportschlager ist natürlich auch die schwedische Literatur: Astrid Lindgrens Kinderbuchklassiker kennt jeder. Auch die düsteren Romane von Henning Mankell oder Stieg Larsson sind nicht nur Krimiliebhabern ein Begriff, sondern durch vielfache Verfilmungen auch bei Cineasten beliebt. Außerdem haben die Schweden den Reißverschluss erfunden.
Ganz vorne natürlich Ikea. Wer hat nicht schon einmal auf dem heimischen Fußboden Schrauben und Nägel sortiert, um einen günstigen Kleiderschrank selbst zusammen zu zimmern? Genau das ist Ingvar Kamprads Erfolgsrezept, der das Einrichtungshaus 1943 ins Leben rief und das inzwischen mit Filialen auf dem ganzen Globus vertreten ist.
Auch H&M ist aus den Fußgängerzonen nicht mehr wegzudenken. Kleiner Preis für modische Kleidung, großes Budget für Werbekampagnen und Designerkooperationen mit Größen wie Lagerfeld oder Versace. Auch Volvo, Saab, Ericsson, ABB, Electrolux, SKF, Astra Zeneca Skype, Tetra Pak oder Absolut Vodka kommen aus Schweden.
In Schweden wird Englisch als erste Fremdsprache an den Schulen unterrichtet. Aber das allein ist noch nicht das Geheimnis des schwedischen Sprachwunders: da es sich für nur rund 9,6 Millionen Einwohner nicht lohnt englischsprachige Filme und Serien für Kino oder Fernsehen zu synchronisieren, schauen sich die Schweden diese immer in Originalsprache mit Untertiteln an.
Sommersonnwende feiern, auf Schwedisch Midsommar. Am Johannisabend Ende Juni geht in Nordschweden die Sonne 24 Stunden lang nicht unter. Eine gute Gelegenheit für die Schweden ausgelassen zu feiern, um einen Maibaum zu tanzen und pappige Zimtschnecken mit reichlich Alkohol runterzuspülen. Nicht umsonst ist das bei Polizeistreifen eher unbeliebt.
Im schwedischen Skigebiet Lindvallen gibt es das etwas andere McDrive: Bei McSki kann können sich Skifahrer einen Burger auf die Hand mitnehmen, ohne erst lästigerweise die Skier abschnallen zu müssen. Außerdem hat Schweden die höchste Pro-Kopf-Anzahl von McDonald's-Filialen in Europa.
Im schwedischen Göteborg gibt es die größte Shoppingmall Skandinaviens. Das Nordstan hat 180 Geschäfte und 150 Büros unter seinem Dach.
Die Regierung versucht, mit einem Wachstumspaket gegenzusteuern. "Wir sind bereit für ein kurzfristiges Konjunkturprogramm", so Finanzminister Borg. Dabei gehe es um ein Paket in Höhe von etwa einem halben Prozentpunkt gemessen an der Wirtschaftsleistung. Damit soll die Infrastruktur gestärkt, die Forschung unterstützt und die Unternehmen steuerlich entlastet werden. Mit einem derartigen Paket hatte die Regierung schon 2008 die Auswirkungen der Finanzkrise erfolgreich abgemildert.
Keine Börsensteuer, keine Eurobonds
Auch das europäische Wachstumspaket begrüßt die schwedische Regierung, Diskussionen über Eurobonds will sie aber nicht führen. Auch die Einführung einer Finanztransaktionssteuer kommt für Schweden nicht infrage, da können die Euro-Finanzminister noch so sehr mahnen und warnen. Schweden hat sich von Europa, insbesondere von der Euro-Zone emanzipiert. Das Land geht seinen eigenen Weg. Schweden kann es sich leisten. Die Staatsschulden betrugen Ende 2011 gerade einmal 38,4 des Bruttoinlandsprodukts.