Serie Europa Briefing – Teil 2 Die Zinswende der EZB kommt 2018

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Was könnte schlimmstenfalls passieren?

Wenn sich die wirtschaftliche Lage in Ländern wie Italien oder Griechenland wieder zuspitzt, könnte die Deflationsgefahr schnell zurückkommen. Die Zentralbank hat sich offengehalten, das QE-Programm noch einmal auszuweiten, sollte es im Euroraum wirtschaftlich wieder bergab gehen.

Experten streiten sich aber, inwieweit eine erneute Intensivierung der Sondermaßnahmen helfen würde, die Wirtschaft zu beleben. Der Vergleich mit den USA zeigt, dass der erste Einsatz eines QE-Programms meist der wirksamste ist. Außerdem ist der Markt für sichere Anleihen, die die EZB kaufen kann, begrenzt. Eine Knappheit auf diesen Märkten zeichnet sich bereits ab.

Zwei Nebenwirkungen des QE-Programms sind besonders riskant:

Erstens: Mit dem QE-Programm greift die EZB in die Verteilung des Wohlstands ein. Von günstigen Krediten profitieren besonders die Besitzer von Immobilien oder Aktien, deren Wert steigt. Die Verschärfung der Vermögensungleichheit untergräbt das Vertrauen in die EZB.

Zweitens: QE steigert die Nachfrage nach risikoreichen Finanztiteln wie Aktien und Unternehmensanleihen und heizt Immobilienpreise zusätzlich an. Hier könnte es zu einer Blasenbildung und anschließendem Kollaps kommen.

Was können die Regierungen tun?

Damit die Zentralbank zu einer konventionellen Geldpolitik zurückkehren und die Zinsen wieder anheben kann, muss der Euroraum vor allem die weiterhin bestehende Schwäche auf dem Arbeitsmarkt überwinden. Spanien beispielsweise wächst zwar wieder mit 3 Prozent jährlich, kommt aber aus einer tiefen Talsohle und verzeichnet weiterhin 17 Prozent Arbeitslosigkeit. Anhaltend hohe Erwerbslosigkeit, besonders unter Jugendlichen ist eine mögliche Erklärung, warum der Aufschwung die Inflation noch nicht erreicht hat. Die nationalen Regierungen können mit Investitions- und Weiterbildungsprogrammen nachhelfen und die wirtschaftliche Erholung beschleunigen.

Wirtschaftsreformen können zudem das Wachstumspotenzial des Euroraums erhöhen und so Druck von der Geldpolitik nehmen. Der Abbau von regulatorischen Schranken im Binnenmarkt würde es europäischen Unternehmen erlauben, stärker zu wachsen. Besonders in schlecht integrierten Sektoren wie dem Digital- oder Energiebereich könnten dadurch neue Geschäftsmodelle entstehen.

Anders als die EZB kann die Politik wirtschaftliche Schwächen gezielt angehen. Gleichzeitig haben die Länder mit den größten Problemen den geringsten finanziellen Spielraum. Ein Politik-Mix aus Geldpolitik, Fiskalpolitik und Strukturreformen lässt sich nur schwer koordinieren, ist aber dennoch wirksamer gegen Inflation, als wenn die EZB die ganze Last alleine trägt.

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