Serie Europa Briefing – Teil 3 Wirtschaftliche Unterschiede gefährden den Euro

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Elemente der wirtschaftlichen Angleichung

Wieviel Wirtschaftsunion bereits in der Währungsunion steckt

Der Euroraum wurde von Anfang an auch als Wirtschaftsunion geschaffen. Drei Elemente sind für die wirtschaftliche Angleichung besonders wichtig:
Erstens wird die gemeinsame Währung durch Regeln gestützt. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt soll verhindern, dass sich einzelne Länder zu viel Geld leihen und damit die Tragfähigkeit ihrer Staatsschulden und langfristig die Stabilität des Euroraums gefährden. Das Defizit darf nicht mehr als drei und die Verschuldung nicht mehr als 60 Prozent des BIP betragen. Die öffentliche Verschuldung wuchs jedoch fast überall darüber hinaus. Um eine solche Anhäufung von Schulden in Zukunft zu verhindern, wurden deshalb die Anforderungen weiter verschärft, unter anderem mit einer in der Verfassung zu verankernden Schuldenbremse.

Zweitens spielt der EU-Haushalt eine wichtige Rolle für die Konvergenz. Das Angleichen der Lebensstandards wurde bei der Aufteilung der Ausgaben immer wichtiger. Für 2014 bis 2020 umfasst der EU-Haushalt ungefähr 638 Milliarden Euro. Mehr als ein Viertel des Haushalts fließt in diesem Zeitraum in konkrete Maßnahmen für Aus- und Weiterbildungen, bessere Arbeitsbedingungen und die Bekämpfung von Armut.

Drittens wurden nach der Krise neue Konvergenzinstrumente eingeführt, darunter das sogenannte Makroökonomische Ungleichgewichtsverfahren. Neben der Finanzlage der öffentlichen Haushalte werden nun auch andere Indikatoren überwacht, damit Ungleichgewichte früher erkannt und korrigiert werden können. Länderspezifische Empfehlungen sollen nationale Strukturreformen voranbringen und zu mehr Konvergenz im Euroraum führen.
Trotz dieser Anstrengungen bleiben die Länder unterschiedlich. Aufgrund der immer noch hohen Verschuldung im Euroraum sind Strukturreformen für viele Länder der einzige Weg, ihre Wirtschaft wieder anzukurbeln. Die Umsetzung der Reformen erweist sich jedoch als schwierig.


Wie geht es mit Konvergenz im Euroraum weiter?

Szenario 1: Nichtstun
Wenn die Länder ihre Eigenständigkeit in den Vordergrund stellen, bleiben die Unterschiede bestehen. Die Wirtschaftspolitik ist weiterhin eher auf nationaler Ebene verankert. Jedes Land kann die Wirtschaftspolitik verfolgen, die am besten zu ihm passt. Eine aktive Koordinierung findet somit nicht statt und Konvergenz ist ein reines Nebenprodukt der wirtschaftlichen Integration.

Für die EZB ist dieses Szenario indes schwierig, weil sich die Unterschiede zwischen den Ländern noch vergrößern könnten. Wenn ein Land stärker wächst als der Eurodurchschnitt, ist der Leitzins der EZB zu niedrig und kann so eine Überhitzung der Wirtschaft nicht verhindern: Immer mehr Kapital fließt ins Land, die Löhne und Preise steigen und die Wettbewerbsfähigkeit verschlechtert sich. Wächst ein Land deutlich langsamer, verzögert ein zu hoher Leitzins die wirtschaftliche Erholung.

Dieses Szenario birgt daher nicht nur die Gefahr einer wirtschaftlichen, sondern auch einer politischen Krise: Zum einen könnten neue wirtschaftliche Ungleichgewichte entstehen. Zum anderen wird eine effektive Geldpolitik unmöglich, wenn die Inflationsraten immer stärker voneinander abweichen.

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