Die neue WiWo App Jetzt kostenlos testen
Download Download

Spaniens Anleiheschock Investoren lassen Spanien und Italien zappeln

Spanien verliert an den Kapitalmärkten rapide an Vertrauen, iberische Banken wackeln. Italien hält sich wacker, weckt aber Misstrauen. Muss die EZB bald ein drittes Mal aus ihrer Bazooka feuern?

  • Artikel teilen per:
  • Artikel teilen per:
Spanische und EU-Flagge Quelle: REUTERS

Für einige ist die Krise zurück. Vor allem in Spanien und damit auch in der Eurozone insgesamt. Nach zwei Eurogipfeln, einem spanischen Regierungswechsel und dem drastischsten Sparplan, den Spanien seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs gesehen hat, liegen die Renditen für Spaniens Staatsanleihen bei 5,7 Prozent – jenem Zinssatz, den das Krisenland auch schon im August 2011 zahlen musste.

Die Skepsis der Märkte ist inzwischen wieder derart groß, dass Spanien selbst zu hohen Zinssätzen kaum noch Geld geliehen bekommt. So war es dem Finanzministerium in der vergangenen Woche in einer Anleiheauktion lediglich gelungen, etwas mehr als 2,5 Milliarden Euro aufzunehmen. Damit lag das Volumen nur knapp über dem für die Emission anvisierten Minimalvolumen und deutlich unter dem angestrebten Ziel von 3,5 Milliarden Euro.

Spaniens Baustellen
Spanien hat wie die anderen südeuropäischen Euro-Länder von den niedrigen Zinsen in der Währungsunion profitiert und einen kräftigen wirtschaftlichen Aufschwung erlebt. Ähnlich wie in Irland bildete sich eine Immobilienblase, die mit einem lauten Knall platzte: Der Bausektor fiel in sich zusammen, die Arbeitslosigkeit stieg rasant. Quelle: REUTERS
Seit 2008 stieg die Arbeitslosenquote von knapp über zehn auf fast 25 Prozent. Bei den Jugendlichen ist fast jeder Zweite arbeitslos. Hatten bislang vor allem ungelernte Arbeitskräfte in der Bauwirtschaft und im Servicebereich ihren Job verloren, trifft es jetzt auch qualifizierte Kräfte. Nach einem schwachen Wachstum in der ersten Jahreshälfte 2011 befindet sich Spaniens Wirtschaft jetzt wieder in der Rezession. In diesem Jahr wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,7 Prozent schrumpfen. Quelle: dpa
Das Hauptproblem: Fortbildungsprogramme und Arbeitsvermittlung wurden bislang vernachlässigt, Teilzeitverträge existierten bislang fast gar nicht. Auf Seiten der Arbeitnehmer haben sich zu viele Angestellte in komfortablen Bedingungen eingenistet. Flexibilität und Mobilität bei Stellensuchenden sind so gut wie gar nicht ausgeprägt. Quelle: REUTERS
Ausgerechnet die Hochqualifizierten bewegen sich nun – mit fatalen Folgen für Spanien. Weil Jobs und Perspektiven für Akademiker fehlen, schauen sich junge Iberer zunehmend im Ausland nach Jobs um. In Deutschland könnte sie fündig werden. Die Bundesregierung warb im vergangenen Herbst um spanische Ingenieure. Mit Erfolg. Bis zum Jahresende 2011 bewarben sich mehr als 14.000 junge Iberer um einen Job zwischen Hamburg und München. Spanien droht nun der „brain drain“. Quelle: dpa
Ein weiteres Problem: Spaniens Regierungschef legt ein hohes Reformtempo vor – doch die Kommunal- und Regionalregierungen zeigen keinerlei Sparbereitschaft. Während die Zentraladministration seit 2001 ihr Personal um 22 Prozent reduziert habe, sei die Belegschaft der autonomen Gemeinschaften um 44 Prozent und die der Gemeinden um 39 Prozent gestiegen, rechnete Antonio Beteta vor, der Staatssekretär für öffentliche Verwaltungen. Quelle: REUTERS
Höhere Sozialausgaben und sinkende Steuereinnahmen aufgrund der Rezession und der Abwanderung von Hochqualifizierende führen zwangsläufig zu einem Anstieg der Verschuldung. Die Gesamtverschuldung liegt derzeit mit knapp 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zwar unter dem Schnitt der Eurozone, aber diese Zahl dürfte bis 2014 rasant wachsen. Die Ratingagentur Moody’s geht davon aus, dass die Verschuldung bis Jahresende bei rund 80 Prozent des BIPs liegen wird. Quelle: dpa
Auch die Finanzmärkte sind skeptisch. Zwar haben die großzügigen Geldausleihen der Europäischen Zentralbank (EZB), bei der sich vor allem südeuropäische Banken mit Liquidität versorgt haben, auch die Renditen spanischer Staatsanleihen auf ein erträgliches Niveau gedrückt. Doch die Anleger verlangten von Spanien zuletzt wieder höhere Renditen als für Italien – ein deutliches Zeichen des Misstrauens. Quelle: REUTERS

„Spaniens Schicksal befindet sich auf des Messers Schneide“, sagte Juan Ramón Rallo, Ökonom an der Universität Rey Juan Carlos in Madrid gegenüber WirtschaftsWoche Online. Verantwortlich dafür sei die Regierung, die Vertrauen verspielt habe, indem sie die Defizitziele für dieses Jahr angehoben hat. „Die Sparer, national oder international, müssen wissen, ob Spanien seine Schulden begleichen kann, ob wir wieder ein effizientes und nachhaltiges Wirtschaftsmodell vorweisen können.“

Den spanischen Banken geht das EZB-Geld aus

Ein Schritt, der Zeit braucht. Zeit, die Spanien nicht hat. Denn die Renditen steigen – ohne, dass die heimischen Banken gegensteuern können. Die Geldhäuser hatten zwischen Dezember und Februar für etwa 45,7 Milliarden Euro Staatsanleihen Spaniens gekauft und dadurch die Renditen gedrückt. Das Geld dafür liehen sich die Banken bei der Europäischen Zentralbank, die mit ihrer „Bazooka“ Europas Banken gleich zwei Mal mit Geld überschwemmt hatten.

Über eine Billion Euro haben sich mehr als 1000 Banken bei den Frankfurter Währungshütern zum historisch günstigen Zinssatz von 1,0 Prozent geliehen. Doch so langsam geht den spanischen Banken das Geld aus – diesen Schluss lassen jedenfalls die steigenden Renditen zu. So machen an den Börsen Spekulationen die Runde, spanische Banken seien angezählt und müssten schon bald wieder um Rettungsmilliarden betteln. Wie viele Milliarden die spanischen Banken tatsächlich im Zuge jüngsten EZB-Geldschwemme für Staatsanleihenkäufe zur Verfügung haben, klärt erst der Bericht zum Dreijahrestender vom März, der erst am 30. April erscheint.

Inhalt
Artikel auf einer Seite lesen
© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%