




Das pleitebedrohte Griechenland will sich wegen seiner lahmenden Wirtschaft einem Zeitungsbericht zufolge beim Sparen mehr Zeit nehmen. Ministerpräsident Antonis Samaras wolle das mit internationalen Kreditgebern und der Europäischen Zentralbank (EZB) vereinbarte Sparprogramm erst bis 2016 umsetzen, berichtete die „Financial Times“ unter Berufung auf ein ihr vorliegendes internes Dokument. Die bisherigen Vereinbarungen sehen vor, dass die Ausgaben der griechischen Regierung bis 2014 um 11,5 Milliarden Euro reduziert werden.
Neben der zeitlichen Streckung wollen die Griechen anscheinend auch über den Umfang diskutieren, heißt es der „FT“ zufolge in dem Bericht. Zudem könnte die Haushaltslücke demnach um bis zu 20 Milliarden Euro höher ausfallen als bislang bekannt. Die Griechen wollen das neue Loch nach den „FT“-Informationen allerdings ohne ein neues Hilfspaket stopfen.
Mehrere EU-Spitzenpolitiker - darunter auch Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker - hatten in den vergangenen Wochen bereits angedeutet, dass Athen mehr Zeit eingeräumt werden könnte. Allerdings soll es inhaltlich beim Sparprogramm keine substanziellen Zugeständnisse geben. Auch ein Aufschub des Rettungsprogramms ist für die Helfer problematisch, weil dann vermutlich ein drittes Hilfspaket für Athen nötig würde.
Wie Athens Regierung die Sparauflagen frisieren will
Die neue griechische Koalitionsregierung hat am Wochenende ihre Pläne zur Lockerung des Sparpakts veröffentlicht. Der Koalitionsvertrag der drei Regierungsparteien - Konservative, Sozialisten, Demokratische Linke - nennt als zentrales Ziel, die Frist für die Umsetzung der Sparauflagen um zwei Jahre zu verlängern.
Athen wünscht eine Streckung um mindestens zwei Jahre. Es geht um Sparmaßnahmen in Höhe von schätzungsweise 11,5 Milliarden Euro. Ursprünglich sollten sie 2013 und 2014 umgesetzt werden. Athen will dafür nun Zeit bekommen bis Ende 2016.
„Keine weiteren Kürzungen der Löhne und Renten; keine neuen Steuern“, lautet das Motto. Die geplante Entlassung von 150 000 Staatsbediensteten soll nicht wie ursprünglich vorgesehen erfolgen, stattdessen wird ein stufenweiser Abbau angestrebt. Stufenweise sollen auch wieder die niedrigeren Renten und Löhne angehoben werden. Arbeitslosengeld soll statt bislang ein Jahr künftig 24 Monate ausgezahlt werden.
Ein neues gerechteres und langfristiges Steuersystem soll ausgearbeitet werden. Die Mehrwehrsteuer (23 Prozent) soll im wirtschaftlich wichtigen Bereich Tourismus und Gastronomie reduziert werden. Schwer verschuldete Haushalte und Personen sollen ihre Schulden stufenweise zurückbezahlen. Niemand soll mehr als 25 Prozent seines Einkommens für den Abbau seiner Schulden aufwenden. Die Gelder aus den Strukturfonds der EU sollen intensiv genutzt werden.
Das Land soll möglichst keine landwirtschaftlichen Produkte einführen. Die Rückkehr junger Leute in die Landwirtschaft soll unterstützt werden.
Alle Bürger sollen die Möglichkeit haben, ärztlich behandelt und medizinisch versorgt zu werden - unabhängig davon, ob sie arbeiten oder keinen Job haben. Das zusammenbrechende Versicherungssystem soll wieder auf die Beine gestellt werden.
Die Immunität von Ministern soll eingeschränkt werden. Der Bürokratie wird der Kampf angesagt. Dies gilt auch für die Steuerhinterziehung.
Die Flüchtlingswelle soll durch strengere Kontrollen der Grenzen eingedämmt werden. Verantwortliche für Übergriffe auf Migranten sollen konsequent strafrechtlich verfolgt werden.
Griechenland soll eine stabilisierende Rolle in der Region des östlichen Mittelmeeres spielen. Gute Nachbarschaft mit allen Ländern der Region. Förderung einer Europäischen Politik für das Mittelmeer.
Samaras hatte sich am Montag in den Kurzurlaub verabschiedet, bevor in der kommenden Woche wieder wichtige Termine anstehen. Am 22. August wird Juncker in Athen erwartet. Zwei Tage später will Samaras nach Berlin und Paris reisen, um mit den zwei stärksten Europartnern zu sprechen. Dort will er die neuen Pläne Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Präsidenten François Hollande vorstellen.
Die Kassen in Athen sind leer. Im September kehren die Experten von EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) nach Athen zurück, um die Lage zu überprüfen und mit der neuen Regierung über weitere Kredite zu verhandeln. Die Troika entscheidet, ob sie eine Hilfszahlung über 31,5 Milliarden Euro freigibt. Diese werden seit Juni zurückgehalten, weil der vereinbarte Reformkurs nicht vorankommt.
Am Dienstag hatte das hoch verschuldete Land mit einer Geldmarktauktion erneut eine kurzfristige Zwischenfinanzierung sichergestellt und damit einen Zahlungsausfall abgewendet. Griechenland besorgte sich bei Investoren den ungewöhnlich hohen Betrag von knapp 4,1 Milliarden Euro. Die EU-Statistiker hatten am Dienstag düstere Daten für die Entwicklung in Griechenland im zweiten Quartal präsentiert. Um 6,2 Prozent hat die Wirtschaftsleistung nach Angaben von Eurostat innerhalb eines Jahres abgenommen.
Trotz der dramatischen Wirtschaftslage war es Griechenland in den ersten sieben Monaten des Jahres aber gelungen, sein Haushaltsdefizit - ohne Berücksichtigung der Zinsen, die Athen für seine Schulden aufbringen muss - auf 3,07 Milliarden Euro und damit unter die vorgesehene Zielmarke von 4,53 Milliarden Euro zu drücken.