Aber auch eine funktionierende Regierung kann zum Problem für ihr Land werden, wenn sie den falschen Kurs einschlägt. Wie derzeit in Lissabon: Anfang Oktober haben die Portugiesen ein neues Parlament gewählt, und seit November dreht der Sozialist António Costa als Chef einer Minderheitsregierung die Reformen der abgewählten Konservativen zurück. Was die Rückkehr der Wirtschaftskrise beschleunigen kann.
Ein Termin dafür steht schon im Kalender. Am 29. April, ein Freitag, wird die kanadische Ratingagentur DBRS ihr Urteil über Portugal fällen. Das ist entscheidend, weil Portugal bisher im DBRS-Rating vergleichsweise gut abgeschnitten hat. „Unser Rating ist bisher positiver ausgefallen als das der anderen Agenturen, weil wir uns langfristig orientieren“, sagt DBRS-Analystin Adriana Alvarado. Ihre Agentur hat portugiesischen Staatsanleihen im vorigen Jahr noch ein Investmentgrade zuerkannt, während die vier anderen Agenturen, deren Bewertungen die Europäische Zentralbank (EZB) berücksichtigt, die Papiere aus Lissabon schon auf Ramschniveau herabgestuft haben.
Sollten nun auch die Kanadier Ende April portugiesische Anleihen negativ bewerten, hätte das Konsequenzen: Die EZB könnte dann in ihrem Ankaufprogramm Portugals Staatsanleihen nicht mehr berücksichtigen. Vor allem dürfte sie nach den eigenen Regeln die Anleihen nicht mehr als Sicherheit von Banken akzeptieren. In der Folge wären portugiesische Banken dann nicht mehr liquide. Entsprechend nervös sind heute schon die Märkte: Die Renditen der portugiesischen Staatsanleihen sind seit dem Wahltag um bis zu 200 Basispunkte gestiegen.
Entscheidung im April
Noch sei es zu früh für Prognosen für die Entscheidung im April, sagt die Analystin Alvarado. Sie weiß aber auch, dass die Wachstumsschätzung der portugiesischen Regierung sehr optimistisch ist. Lissabon kalkuliert mit einem Wachstum von 1,8 Prozent in diesem Jahr; DBRS hält 1,5 Prozent für realistisch. Dennoch hat Ministerpräsident Costa das „Ende der Austerität“ ausgerufen – obwohl die Staatsschuld mit 129 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) die dritthöchste in der Euro-Zone ist.
Über das Mittelmeer nach Europa: Zahlen zu Flüchtlingen
Trotz der lebensgefährlichen Fahrt über das Mittelmeer wagen viele Tausend Menschen die Flucht nach Europa. 219.000 Menschen flohen laut Flüchtlingshilfswerk UNHCR 2014 über das Mittelmeer nach Europa; 2015 waren es bis zum 20. April 35.000.
3.500 Menschen kamen 2014 bei ihrer Flucht ums Leben oder werden vermisst; im laufenden Jahr sind es bis zum 20. April 1600.
170.100 Flüchtlinge erreichten 2014 über das Meer Italien (Januar bis März 2015: mehr als 10.100); weitere 43.500 kamen nach Griechenland, 3.500 nach Spanien, 570 nach Malta und 340 nach Zypern.
66.700 Syrer registrierte die EU-Grenzschutzagentur Frontex 2014 bei einem illegalen Grenzübertritt auf dem Seeweg, 34.300 Menschen kamen aus Eritrea, 12.700 aus Afghanistan und 9.800 aus Mali.
191.000 Flüchtlinge stellten 2014 in der EU einen Asylantrag (dabei wird nicht unterschieden, auf welchem Weg die Flüchtlinge nach Europa kamen). Das sind EU-weit 1,2 Asylbewerber pro tausend Einwohner.
...beantragten 2014 in der EU Asyl (2013: 50.000).
202.700 Asylbewerber wurden 2014 in Deutschland registriert (32 Prozent aller Bewerber), 81.200 in Schweden (13 Prozent) 64.600 in Italien (10 Prozent), 62.800 in Frankreich (10 Prozent) und 42.800 in Ungarn (7 Prozent).
Um 143 Prozent stieg die Zahl der Asylbewerber im Vergleich zu 2013 in Italien, um 126 Prozent in Ungarn, um 60 Prozent in Deutschland und um 50 Prozent in Schweden.
Mit 8,4 Bewerbern pro tausend Einwohner nahm Schweden 2014 im Verhältnis zur Bevölkerung die meisten Flüchtlinge auf. Es folgten Ungarn (4,3), Österreich (3,3), Malta (3,2), Dänemark (2,6) und Deutschland (2,5).
600.000 bis eine Million Menschen warten nach Schätzungen der EU-Kommission allein in Libyen, um in den nächsten Monaten die Überfahrt nach Italien oder Malta zu wagen.
Experten der EU-Kommission hatten zwar dafür plädiert, den von der portugiesischen Regierung einmal nachgebesserten Haushalt zurückzuweisen. Doch daraus wurde nichts: Denn Premierminister Costa telefonierte mit den sozialistischen Ministerpräsidenten in der Euro-Zone und vor allem mit Frankreichs Präsident François Hollande. Woraufhin EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker davon absah, Portugal zu einem strengeren Sparkurs anzuhalten. In Brüssel kursieren bereits Szenarien, nach denen Portugal, das zwischen 2011 und 2014 mit 78 Milliarden Euro vor der Pleite gerettet werden musste, schon bald wieder einen Notkredit beim Rettungsschirm ESM beantragen muss.