Strafe für Lissabon? Brüssel bei Defizitsündern im Dilemma

Einige Euro-Länder bekommen ihre Staatsdefizite nicht in den Griff. Darunter ist auch Spanien, wo es bald Neuwahlen gibt. Das Wachstum im gemeinsamen Währungsgebiet kommt langsamer in Schwung als erwartet.

  • Teilen per:
  • Teilen per:
Diese Banken sind in die Panama-Affäre verwickelt
Ein internationales Recherchenetzwerk hat Daten der Kanzlei „Mossack Fonseca“ aus Panama ausgewertet, die sogenannten Offshore-Firmen in Steueroasen registriert. Im Auftrag von Banken hat die Kanzlei für viele Kunden solche Konstrukte angelegt, die oftmals der Steueroptimierung dienen. Laut Georg Mascolo, Leiter der Recherchekooperation von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung seien auch deutsche Banken in die Geschäfte verwickelt. Er sagte am Sonntagabend: „Wenn Sie mich fragen würden, welche der deutschen Banken eigentlich nicht dabei gewesen ist, Kunden zu helfen, zu „Mossack Fonseca“ zu gehen, müsste ich lange nachdenken, ob mir überhaupt eine einfällt. “ Die Commerzbank hatte beispielsweise im vergangenen Jahr bereits 17 Millionen Euro Bußgeld wegen umstrittener Geschäfte in Panama und Luxemburg gezahlt. Quelle: dpa
Die Funktionsweise von Mossack Fonsecas Geschäft: Für nur wenige Tausend Dollar bekommt der Kunde eine anonyme Firma. Die Kanzlei stattet die Firma mit Scheindirektoren aus und verschleiert damit den wahren Eigentümer. Dieses Geschäftsmodell ist moralisch zweifelhaft, sie sind aber nicht per se illegal. Der ausgewertete Datensatz zeigt, welche Institute über die Kanzlei in Panama die meisten Schattenfirmen registrierten. Auf Platz 10 landet die Investmentbank Rothschild, eine Tochtergesellschaft des Unternehmens registrierte für seine Kunden 378 Offshore-Unternehmen. Quelle: ICIJ Quelle: dpa
Die Landsbanki Luxembourg ließe den Daten zufolge 404 Schattenfirmen registrieren. Quelle: dpa
Die Luxemburg-Tochter der französischen Großbank Société Générale hat 465 Offshore-Unternehmen für seine Kunden registriert. Quelle: REUTERS
Die britische Privatbank kommt auf eine Zahl von 487 Schattenfirmen, die für ihre Kunden registriert wurden. Quelle: REUTERS
Die Schweizer Großbank UBS ließ im Auftrag seiner Kunden 579 Schattenfirmen registrieren. Quelle: REUTERS
Die Schweiz-Tochter der britischen Großbank HSBC wickelte Deals mit 733 Schattenfirmen ab. Fasst man alle HSBC-Töchter zusammen, landet die britische Bank sogar auf Rang 1 der Geschäftspartner von Mossack Fonseca – mit mehr als 2.300 registrierten Firmen. Quelle: dpa

Vor dem Hintergrund eines nur zögerlichen Wirtschaftsaufschwungs muss die EU-Kommission bald entscheiden, ob sie gegen langjährige Defizitsünder wie Portugal oder Spanien hart durchgreift. Da Lissabon seine Neuverschuldung im vergangenen Jahr mit 4,4 Prozent der Wirtschaftsleistung trotz gegenteiliger Zusagen nicht in den Griff bekam, drohen EU-Sanktionen. Der verantwortliche EU-Kommissar Pierre Moscovici ließ Fragen nach einer möglichen Geldstrafe für Lissabon aber unbeantwortet. Die Behörde werde sich noch in diesem Monat zu einzelnen Ländern äußern, kündigte der französische Sozialist am Dienstag in Brüssel lediglich an.

Massiven Druck aus Brüssel bekommt auch Spanien, wo es immer noch keine neue Regierung gibt und Neuwahlen im Juni anstehen. Madrid sollte eigentlich dieses Jahr die Maastrichter Defizitgrenze von 3 Prozent einhalten, was aber scheitern wird. Brüssel erwartet 3,9 Prozent Neuverschuldung, mehr als die Regierung. Bei den öffentlichen Finanzen seien „noch einige Anstrengungen nötig“, so Moscovici.

Frankreich, das nächstes Jahr kein Defizitsünder mehr sein soll, müsse Kurs bei den öffentlichen Finanzen halten. Auf die Frage, ob Paris nächstes Jahr - wie fest vereinbart - die Drei-Prozent-Grenze wieder einhalten könne, sagte Moscovici: „Das Ziel für 2017 ist machbar.“ Bisher geht seine Behörde jedoch von 3,2 Prozent aus.

So sieht Schäubles 10-Punkte-Plan gegen Steueroasen aus

Die Wirtschaft der Eurozone wird laut Moscovici etwas langsamer wachsen als zunächst angenommen. 2016 solle das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,6 Prozent steigen und 2017 um 1,8 Prozent, das seien jeweils 0,1 Punkte weniger als noch im Winter erwartet.

Die Ölpreise werden demnach wieder steigen, so dass positive Auswirkungen auf die Konjunktur nachlassen dürften. „Die wirtschaftliche Erholung setzt sich in Europa fort, gleichzeitig verschlechtern sich jedoch die globalen Rahmenbedingungen“, sagte der für den Euro verantwortliche Vize-Kommissionschef Valdis Dombrovskis. Brüssel warnt ausdrücklich vor Risiken. Dazu gehörten das schwächere Wachstum in China, mögliche Turbulenzen an den Finanzmärkten oder die Unsicherheit vor dem EU-Referendum in Großbritannien am 23. Juni.

Das müssen Sie zu den Panama Leaks wissen

Die Zeit der Mini-Inflation ist zudem noch nicht vorbei, wie es in dem aktuellen EU-Konjunkturgutachten heißt. Im laufenden Jahr wird mit einer sehr niedrigen Rate von 0,2 Prozent gerechnet, 2017 sollen dann 1,4 Prozent erreicht werden.

Defizitsündern in der Eurozone drohen in letzter Konsequenz hohe Geldstrafen, die aber in der Praxis nie verhängt wurden. Unter dem Strich gehen die Defizite in der Eurozone zurück. Deutschland dürfte im laufenden Jahr laut Kommission einen kleinen Überschuss von 0,2 Prozent erzielen.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%