Die negativen Einlagenzinsen der EZB haben nicht nur Auswirkungen auf die Geschäftsbanken, sondern wirken sich ebenfalls stark auf die internationalen Kapitalmärkte aus. Dabei sind die Reaktionen der Investoren in solchen Phasen immer ähnlich und auch bekannt.
In Phasen niedriger Zinsen gehen Investoren in der Regel ein immer höheres Risiko ein, um für ihre jeweilige Zielsetzung eine akzeptable Rendite zu erhalten. Investoren, die normalerweise in Staatsanleihen mit einem guten Rating investieren, neigen dann dazu, beispielsweise Staaten mit einem schwächeren Rating zu kaufen oder man sucht stattdessen relativ sichere Unternehmensanleihen.
Stimmen aus dem Ausland zur EZB-Politik
„Bei der Verkündung der EZB-Maßnahmen war ein Hauch von Verzweiflung zu spüren. Europa befindet sich im Sog eines Deflationsstrudels. Es ist zwar gut, zu wissen, dass sich die EZB dessen bewusst ist. Aber die Erleuchtung könnte zu spät gekommen sein.“
„Die Notenbank in Frankfurt hat ihr wirksamstes Instrumentarium weitgehend ausgereizt, die Strukturschwäche in der Euro-Zone kann und wird sie mit ihren Mitteln nicht überwinden können. […] Die EZB will um jeden Preis den Eindruck vermeiden, ihr gingen im Kampf um die Erhaltung der Währungsunion und des Euro die Mittel aus. Doch ihr Präsident gibt inzwischen unumwunden zu, dass es immer schwieriger werde, allein mit der Geldpolitik für Preisstabilität in der Euro-Zone zu sorgen.“
„Jetzt ist die perfekte Zeit für eine fiskalische Expansion und nicht für eine weitere Schrumpfung. Europa kommt gerade aus einer schweren Rezession, die von unzureichender Nachfrage verursacht wurde. Die Rentenerträge sind auf einem historischen Tiefpunkt, und viele Länder haben ungenutzte Kapazitäten im Bausektor. Wer glaubt, die EZB könne die Lage mit noch niedrigeren als den ohnehin schon minimalen Zinsen retten, der irrt.“
„Genau in dem Moment, als die amerikanische Notenbank Fed ihre Geldpolitik strafft, entschied sich die EZB, ihre zu lockern. Das Zusammenwirken wertet logischerweise den Euro ab, zur Zufriedenheit Frankreichs. Doch Draghi kann die Wirtschaften Europas nicht allein ankurbeln. Jetzt liegt es an jedem Land selbst, sich zu reformieren.“
„Es ist keine starke Waffe, wie das Quantitative Easing, um die Stagnation zu bekämpfen. Doch das neue Programm, das Mario Draghi zum Ankauf von Bankpapieren angekündigt hat, könnte sich trotzdem als sehr effizientes Instrument erweisen.“a
Nach einer gewissen Zeit sind dann alle Assetklassen hoch bewertet und aus einer historischen Risiko-Ertrag Betrachtung nicht mehr attraktiv. So ist gegenwärtig der komplette Euro-Rentenmarkt sehr ambitioniert bewertet ist, was auch für die Aktienmärkte gilt.
Man hört jedoch immer das Argument, dass es eigentlich keine Alternative hierzu gibt, da die relativ risikolose Anlage keine Rendite mehr abwirft. Die Kapitalmärkte entfernen sich also zunehmend von den realwirtschaftlichen Grundlagen.
Dies geht in der Regel solange gut, wie die Notenbanken ihren Kurs nicht ändern. Wenn die Währungshüter aber später den Kurs straffen müssen, kann es an den Kapitalmärkten sehr leicht zu merklichen Anpassungen und somit zu deutlichen Bewertungskorrekturen kommen.
Umso wichtiger ist es für Investoren, einen guten Blick auf die anstehenden Aktionen der Zentralbank zu haben, da die Performance der jeweiligen Assetmärkte hiervon maßgeblich abhängt und weniger von der jeweiligen fundamentalen Entwicklung.
Je länger diese Phase der negativen EZB-Zinsen anhalten wird, desto stärker werden die Auswirkungen auf das Bankensystem und die Kapitalmärkte sein. Die EZB verfolgt mit den niedrigen Zinsen klare realwirtschaftliche Ziele und geht dabei Risiken ein.
Es ist jedoch zumindest fraglich, ob im derzeitigen wirtschaftlichen und regulatorischen Umfeld die möglichen Erfolge einer solchen Zinspolitik die Risiken extrem niedriger Zinsen kompensieren.