Nun reagiert die EU-Kommission, die das grundsätzliche Recht auf Streiks nicht antasten will. In einem ersten Schritt schlägt sie den Mitgliedsstaaten in ihrer Empfehlung vor, für einen besseren Dialog zwischen den Sozialpartnern im Bereich Flugverkehr zu sorgen, damit die Wahrscheinlichkeit von Streiks sinkt. Gewerkschaften sollen Streiks künftig rechtzeitig ankündigen, genannt werden 14 Tage Vorlauf. Einzelne Fluglotsen sollen den Streik 72 Stunden vorher noch absagen können.
Wichtig ist aber der Gedanke, dass künftig ein Streik der nationalen Fluglotsen den Überflug eines Landes nicht mehr behindern soll. Die EU-Kommission fordert 100 Prozent Kontinuität der Überflüge bei Streiks. Außerdem fordert sie, dass Streiks zu Spitzenreisezeiten, also etwa morgens oder abends oder während der Ferien vermieden werden sollen.
Es handelt sich um eine erste Eskalationsstufe. Nun ist es an den Mitgliedsstaaten, die Empfehlungen umzusetzen. Passiert dies nicht, dann will die EU zu extremeren Mitteln greifen. Sie beruft sich dabei auf die Grundfreiheiten, wonach Personen und Waren im Binnenmarkt ungestört verkehren sollen.
Die Kommission droht damit, dass im Extremfall Fluglotsen aus anderen Ländern sogar die Kontrolle über einen anderen Luftraum übernehmen könnten. Das würde Blockaden künftig ausschließen, wäre aber ein Eingriff in die Souveränität eines Landes. Die EU-Kommission argumentiert, dass es im öffentlichen Interesse ist, den Flugverkehr aufrecht zu halten. In manchen Mitgliedsstaaten der EU gibt es Gesetzgebung, die sicherstellt, dass bei öffentlichen Verkehrsmitteln auch bei Streik ein Mindestmaß an Service aufrechterhalten werden muss.
Auch wenn die EU-Kommission schrittweise vorgeht und nicht gleich das schärfste Instrument hervorholt, sind die Carrier zufrieden, dass ihr Problem erkannt wurde.
Für den Luftfahrtverband A4E ist es der erste große Erfolg seit seiner Gründung Anfang 2016. Weil Carrier ihre Interessen in Europa nicht ausreichend gut vertreten sahen, verließen die Lufthansa, Air France KLM und die British Airways Mutter IAG ihren damaligen Verband und taten sich in der A4E unter anderem mit den Billigfliegern Ryanair und Easyjet zusammen.
Das Kalkül der Airline-Oberen scheint sich in diesem Fall auszuzahlen.