Tauchsieder

Krise? Welche Krise?

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Das kapitalistische Geld treibt die Welt vor sich her

Der Wirtschafts-Nobelpreisträger Ronald Coase ist tot. Zeit, einen Blick auf das berühmte Coase-Theorem zu werfen, mit dem der Ökonom den Grundstein für die Umweltökonomie legte.
von Jürgen Klöckner

Kapitalistisches Geld produziert also nicht nur laufend mehr Geld und Güter, sondern gleichsam mitlaufend den Sachzwang, sich und die Güter im Dauermodus der Vermehrung und Beschleunigung zu bearbeiten, also immer mehr Geld und Güter produzieren zu müssen. Anders gesagt: Das kapitalistische Geld treibt die Welt vor sich selbst her, hält sie ständig in Bewegung – und untergräbt ihre Stabilität. Der Ökonom Joseph Schumpeter (1883 – 1950) hat die Marktharmonielehre und das Gleichgewichtsdenken der Klassiker (die „unsichtbare Hand“) daher schon vor mehr als 100 Jahren auf den Müllhaufen der Theoriegeschichte geworfen.

Er verstand den Kapitalismus als evolutionäre Entwicklung ohne Endpunkt und Fortschritt ohne Ziel. Stabilisierter Kapitalismus, so Schumpeter, sei ein Widerspruch in sich. Sein Tempus sei nicht die Gegenwart, sondern die Zukunft. Seine Modi seien nicht Kreislauf und Wiederkehr, sondern Expansion und Wandel. Und um den Prozess der „kreativen Zerstörung“ zu beschleunigen, sei sein Geld am besten auch nicht akkumuliertes Vermögen (Kapital), sondern geschöpftes Versprechen (Kredit).

Mit einem einzigen Forschungsartikel legte Harold Hotelling vor 80 Jahren den Grundstein für die moderne Ressourcenökonomik. Seine Hotelling-Regel erklärt die Preisbildung von Rohstoffen.
von Jan Willmroth

Womit wir bei der zweiten Frage wären: Was ist heute Geld? Nun – Geld ist heute vor allem magisch und stofflos und grenzenlos herstellbar. Man kann es drucken, buchstäblich aus dem Nichts heraus, destilliert aus der heißen Luft einer Schuldverschreibung, dank der man Kriege führen, Städte bauen, das Genom erforschen und zum Mars fliegen kann. Es ist Geld aus der Illusion von Geld, geschöpft aus der Behauptung: Dies Geld sei Geld. Der Clou dieses Als-ob-Geldes, das die Zentralbanken den Geschäftsbanken und diese ihren Kunden (Staaten, Unternehmen) zur Verfügung stellen, besteht darin, dass es sich bei ihm nicht um verliehenes Geld handelt, also vorhandenes Geld, das „tatsächlich“ in der Welt, durch Gold hinterlegt oder von Ersparnissen auf Girokonten gedeckt wäre, sondern um neues, frisches Geld, das also einerseits als Geld in der Welt ist - und andererseits eine Schuld repräsentiert.

Es ist Geld, das der Staat (und die Banken) sich selbst leihen, um die strahlende Zukunft der Menschheit mitten hinein in die Gegenwart zu zaubern - und um exakt die Progression des Sozialprodukts, der Einkommen und der Geschäftsgewinne herbeizuführen, die zur beizeitigen Begleichung der Schulden erforderlich sein werden. Anders gesagt: Die Banken sind keine Zwischenhändler, die Kreditnehmern Geld vermitteln würden, das andere überzählig haben, sondern Schuldfabriken, in denen wie am Fließband (Anti-)Geld produziert wird. Die Beträge, die die Bank-Werke verlassen, stehen einerseits zur Verfügung - und markieren andererseits eine Verbindlichkeit. 

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