Terror in Europa Terrornetzwerke um Brüssel liegen zum Teil noch im Dunkeln

Wieder gibt es Anti-Terror-Razzien in Belgien. Wie groß ist die Zelle hinter den Anschlägen von Brüssel wirklich? Welche Verbindungen gibt es nach Frankreich und in andere Staaten? Terrorexperten sehen Aufklärungsbedarf.

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Das Brüsseler Viertel Molenbeek Quelle: dpa

Nach Einschätzung des Terrorexperten Rolf Tophoven sind die Netzwerke rund um die Anschläge von Brüssel und Paris noch längst nicht vollständig offengelegt. Die jüngsten Anti-Terror-Aktionen in Belgien zeigten, dass es wohl noch weitere Mitwisser und Operateure gebe, sagte Tophoven.

„Über Jahre hat sich in Belgien eine militant-islamistische Szene entwickelt. Da ist ein sehr fruchtbarer Boden für den Islamismus entstanden“, sagte er. Es gebe aber auch eine große Nähe zu terroristischen „Nestern“ in Frankreich und eine Art „Terrorschiene“ zwischen beiden Staaten.

Hinzu kämen enge Verbindungen zwischen europäischen Rückkehrern aus Dschihad-Gebieten, sagte Tophoven. „Die kennen sich zum Teil, sind einander zum Beispiel in Ausbildungslagern begegnet.“ Es sei deshalb davon auszugehen, dass es in Europa länderübergreifende Netzwerke von Dschihad-Rückkehrern gebe. „Und da ist längst nicht alles erkannt und aufgespürt.“

Große Terroranschläge in Europa

Am Freitag hatten die Behörden in Belgien einen 30 Jahre alten Mann in Haft genommen, im Zusammenhang mit den Brüsseler Anschlägen vom 22. März.

Bei einem großen Anti-Terror-Einsatz in der Nacht auf Samstag durchsuchten belgische Sicherheitskräfte dann Dutzende Garagen und Häuser in 16 Gemeinden - darunter auch in der als Islamisten-Hochburg bekannten Brüsseler Stadtgemeinde Molenbeek, wo einer der mutmaßlichen Drahtzieher der Pariser Anschläge vom November gefasst worden war. Ermittler hatten einige Verbindungen zwischen den Attentaten von Brüssel und Paris gefunden, die auf ein größeres Terror-Netzwerk hindeuten.

Die Tageszeitung „La Dernière Heure“ und andere Blätter hatten zuletzt berichtet, dass Dschihadisten Syrien verlassen hätten, um in Belgien und Frankreich Attentate zu verüben.

Tophoven sagte, dies sei nicht auszuschließen. Es sei durchaus zu befürchten, dass sich die Terrororganisation Islamischer Staat (IS) angesichts ihrer ungünstigen Lage in Syrien und im Irak zunehmend auf Aktionen in Europa konzentriere. „Der IS verliert in seinen Kampfgebieten Territorium.“ Je stärker die Terrormiliz dort unter Druck gerate, umso stärker könne sie darauf setzen, eigene Leute nach Europa zu schicken, Zellen in Europa zu aktivieren oder auch Einzeltäter zu Anschlägen aufzurufen.

Tophoven betonte, möglich sei aber auch, dass der IS - gerade angesichts der Rückschläge in Syrien und im Irak - selbst Informationen streue, dass sich in großer Zahl Kämpfer Richtung Belgien und Frankreich aufgemacht hätten - „als psychologische Kriegsführung, die mit Angst und Schrecken operiert.“

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