Terroranschläge in Kopenhagen Polizei: Attentäter erschossen

Terror in Kopenhagen: Ein Filmemacher und ein jüdischer Wachmann werden Opfer eines Attentäters. Nach 13 dramatischen Stunden erschießt die Polizei den Mann. Die Szenen erinnern an die Pariser Attentate.

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Erschossener vermutlich Attentäter von Kopenhagen. Quelle: dpa

Europa bleibt im Fokus von Terroristen: Nur fünf Wochen nach den islamistischen Attentaten von Paris starben in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen zwei Menschen und der Attentäter. Angst vor Anschlägen wuchs auch in Deutschland. Ein großer Karnevalsumzug in Braunschweig wurde nach Hinweisen auf ein mögliches Attentat abgesagt.

In Dänemark erschoss ein Mann binnen zehn Stunden einen Filmemacher während einer Diskussion über Meinungsfreiheit und einen jüdischen Wachmann vor einer Synagoge. Fünf Polizisten wurden verletzt. Der mutmaßliche Attentäter wurde nach dramatischer Fahndung in einem Feuergefecht mit der Polizei getötet.

Die wichtigsten Fakten zu "Charlie Hebdo"

Der erste Angriff galt vermutlich dem schwedischen Zeichner Lars Vilks. Islamisten kritisieren ihn seit Jahren wegen seiner Mohammed-Karikaturen.

Der Schütze von Kopenhagen war der Polizei unter anderem durch Gewaltdelikte und Verstöße gegen das Waffengesetz bekannt. Der 22-Jährige sei in Dänemark geboren und im Bandenmilieu aufgefallen, teilte die Polizei mit. Laut dem Fernsehsender tv2 hieß er Omar Abdel Hamid El-Hussein.

Die Taten von Kopenhagen erinnerten an die Anschläge auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ am 7. Januar. Die Pariser Terrorakte könnten den mutmaßlichen Attentäter laut der dänischen Sicherheitsbehörde PET zu seinen Taten angeleitet haben.

Bei Durchsuchungen in einem Park und in der Wohnung des Mannes im Stadtteil Nørrebro fand die Polizei Kleidungsstücke und eine automatische Waffe, die der Täter beim ersten Anschlag auf ein Café benutzt haben könnte. Untersuchungen sollen das klären.

Als eine Spezialeinheit den Mann am frühen Sonntagmorgen bei seiner Wohnung antraf und tötete, sei er im Besitz zweier Pistolen gewesen. Die Zeitung „Ekstrabladet“ veröffentlichte ein Bild des 22-Jährigen.

Es gebe keine Hinweise auf Komplizen oder einen Aufenthalt des Mannes als Dschihadist in Syrien oder im Irak, sagte PET-Chef Jens Madsen.

Einschüchtern lassen will sich Dänemark nicht. „Es gibt viele Fragen, die die Polizei noch beantworten muss“, sagte Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt. „Aber es gibt eine Antwort, die wir heute schon geben können. Und die lautet, dass wir unsere Demokratie verteidigen werden.“ Königin Margrethe beschwor die Dänen, zusammenzuhalten.

Die Stadt Kopenhagen will am Montagabend der Opfer gedenken.

Die dramatischen Stunden von Kopenhagen begannen am Samstag um 15.33 Uhr. Der junge Mann beschoss mit einer automatischen Waffe von außen das Kulturcafé, in dem eine Veranstaltung zu Gotteslästerung und Meinungsfreiheit stattfand. Der Filmregisseur Finn Nørgaard (55) wurde getötet, drei Polizisten wurden verletzt.

Der Zeichner Vilks war bereits mehrfach Ziel von Anschlägen. Er hatte sich mit einer Organisatorin der Diskussion in einem Kühlraum versteckt und blieb unverletzt.

Die zehn reichsten Terrorgruppen der Welt
Platz 10: Boko HaramJahreseinkommen: 25 Millionen US-DollarZiele: „Die moderne Erziehung ist Sünde“ – dafür steht Boko Haram. Die islamistische Terrorgruppe, die sich mittlerweile „Vereinigung der Sunniten für den Ruf zum Islam und den Dschihad“ nennt, will westliche Bildung in Nigeria verbieten und die Scharia einführen. Sie machte sich einen Namen, indem sie zahlreiche Christen und moderate Muslime in Nigeria ermordet hat. Im Frühjahr 2014 hatte Boko Haram über 200 Mädchen aus einer Schule entführt (Foto). Quelle: AP
Platz 9: Real IRAJahreseinkommen: 50 Millionen US-DollarZiele: Die Real IRA beansprucht der einzige rechtmäßige Nachfolger der „Irish Republican Army“ (IRA) zu sein. Wie ihre von 1919 bis in die 70er Jahre bestehende paramilitärische Organisation, strebt auch die neue IRA die komplette Unabhängigkeit ganz Irlands – also auch Nordirlands – von Großbritannien an. Die 1997 gegründete Gruppe zeigt sich verantwortlich für einen Bombenanschlag 1998 im nordirischen Omagh, der 29 Menschen tötete. Beim Beschuss einer Kaserne tötete die Real IRA 2009 zwei britische Soldaten. Quelle: AP
Platz 8: Al-ShabaabJahreseinkommen: 70 Millionen US-DollarZiele: Sie waren sogar Osama bin Laden zu hart: Bis zu dessen Tod bemühte sich die somalische Terrororganisation al-Shabaab ins Netzwerk von al-Qaida aufgenommen zu werden. Bin Laden wehrte sich dagegen, da al-Shabaab auch Muslime ermordet. Das Ziel der Gruppe ist es, einen islamischen Staat am Horn von Afrika zu errichten und sich an einem weltweiten Dschihad zu beteiligen. Sie bekämpft dafür die somalische Regierung und kontrolliert bereits Teile Südsomalias, wo sie streng nach der Scharia regiert. Das Foto zeigt Denis Allex, einer 2013 von den Terroristen getötete französische Geisel. Al-Shabaab hat bin Ladens Nachfolger Aiman az-Zawahiri die Treue geschworen und gilt seitdem als lokaler Ableger von al-Qaida. Quelle: dpa
Platz 7: Laschkar e-TaibaJahreseinkommen: 100 Millionen US-DollarZiele: Im Kaschmirkonflikt zwischen Indien und Pakistan mischt auch die Terrororganisation Laschkar e-Taiba mit. Sie wollen die Muslime im indischen Teil Kaschmirs befreien und einen islamischen Staat errichten. Auf ihr Konto gehen Anschläge in Mumbai 2006 und 2008 – unter anderem auf das Luxushotel Taj Mahal Palace (Foto). Quelle: REUTERS
Platz 6: Al-Qaida und seine AblegerJahreseinkommen: 150 Millionen US-DollarZiele: Das lose weltweite Netzwerk meist sunnitischer Islamisten will einen weltumspannenden Gottesstaat aller islamischen Länder herbeiführen. Spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001 ist al-Qaida in aller Munde. Das Foto zeigt die New Yorker Gedenkstätte. Quelle: AP
Platz 5: TalibanJahreseinkommen: 400 Millionen EuroZiele: Die Taliban wollen ihre Macht in Afghanistan zurückerlangen, die sie nach dem Einmarsch der US-Einheiten ins Land 2003 verloren hatten. Die Islamisten verüben seit dem von Pakistan aus gezielte Anschläge gegen afghanische und internationale Truppen sowie gegen die afghanische Bevölkerung. Letztere leidet am meisten darunter: mehr als doppelt so viele Anschläge treffen die Zivilbevölkerung. Das Bild zeigt einen Anschlag vom Oktober 2014. Quelle: dpa
Platz 4: HisbollahJahreseinkommen: 500 Millionen US-DollarZiele: Einerseits Partei, andererseits Miliz – die schiitische Hisbollah stellt mehrere  Parlamentsabgeordnete im Libanon und war schon an mehreren libanesischen Regierungen beteiligt. Die Miliz der Hisbollah sieht sich angesichts der schwachen libanesischen Armee als die Beschützer des Libanons – vor allem vor Israel. Die Hisbollah entstand 1982, nachdem Israel das Land angegriffen hatte. Mit den USA, Kanada und Israel stufen lediglich drei Staaten die gesamte Hisbollah als terroristisch ein; die EU sieht lediglich die Miliz als Terrororganisation. Quelle: dpa

Der Attentäter flüchtete laut Polizei zunächst in einem VW Polo und dann per Taxi. Er ließ sich in seine nahe Wohnung fahren. Etwa zehn Stunden nach dem ersten Anschlag versuchte wahrscheinlich derselbe Täter nach Mitternacht, in eine Synagoge einzudringen. Er eröffnete das Feuer und traf einen Mann tödlich in den Kopf - laut jüdischer Gemeinde einen 37 Jahre alten freiwilligen Wachmann.

Zwei Polizisten wurden verletzt. Zu einer Feier - der Bat Mizwa - waren in dem Gebäude rund 80 Menschen versammelt.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu forderte die Juden in Europa zur Auswanderung in den jüdischen Staat auf: „Juden wurden auf europäischem Boden ermordet, nur weil sie Juden waren.“

Später am Sonntag stürmte die Polizei laut Medienberichten ein Internetcafé im Stadtteil Nørrebro und durchsuchte einen Park. Es gab demnach mehrere Festnahmen, unterschiedliche Medien nannten verschiedene Zahlen. Offizielle Angaben lagen zunächst nicht vor.

Über Stunden hatten Panik und Chaos in der dänischen Hauptstadt geherrscht. Das Geschehen spielte sich in der Innenstadt ab.

Kurzfristig wurde der Karnevalsumzug in Braunschweig abgesagt. Am Sonntag waren zum größten Umzug Norddeutschlands bis zu 250 000 Besucher erwartet worden. Laut Polizei wurde aus zuverlässigen Staatsschutzquellen eine „konkrete Gefährdung durch einen Anschlag mit islamistischen Hintergrund“ bekannt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach den Angehörigen der Opfer ihr Beileid aus. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte: „Unsere Entschlossenheit, alle Arten von Extremismus und Terrorismus zu bekämpfen, wird durch solche Angriffe nur gestärkt.“ Die USA boten Dänemark ihre Hilfe an.

Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve eilte nach Kopenhagen und legte mit dem französischen Botschafter François Zimeray am ersten Anschlagsort Blumen nieder. Zimeray hatte den Anschlag auf das Kulturcafé überlebt.




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