Terroranschlag in Istanbul Die Türkei blutet - und 2017 wird die Wunde nicht heilen

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Nicht nur politisch blickt das Land unruhigen Zeiten entgegen

Seitdem strategischen Schwenk eskaliert der Konflikt auf beiden Seiten.

Die Regierung wirft der HDP vor, sich nicht ausreichend von der Terrororganisation PKK zu distanzieren.

Die Lage verschärfte sich weiter, als Anfang November fast die gesamte Führungsspitze der HDP inhaftiert wurde, weil sie der Unterstützung terroristischer Organisationen verdächtig wurden. In wie weit die Vorwürfe gerechtfertigt sind, muss noch geklärt werden.

An der absteigenden Gewaltspirale wird sich vorerst nichts ändern. "Unsere dringlichste Aufgabe ist, Rache zu nehmen", sagte Innenminister Süleyman Soylu. Am heutigen Montag wurden abermals 118 Politiker festgenommen. Kampfjets flogen Angriffe gegen Stellungen der PKK im Südosten des Landes. Die PKK oder TAP wird aller Voraussicht nach mit Attentaten zurückschlagen.

Hinzu kommt noch die Gefahr durch den Islamischen Staat. Der IS hatte erst vergangene Woche die Türkei zum bevorzugten Anschlagsziel erklärt.

Schlüsselstaat Türkei

Nicht nur politisch blickt das Land unruhigen Zeiten entgegen. Denn die Unsicherheit beginnt, sich mehr und mehr auf die Wirtschaft des Landes auszuwirken. Gerade veröffentlichte Zahlen belegen, dass die türkische Wirtschaft im dritten Quartal dieses Jahres um 1,8 Prozent geschrumpft ist - zum ersten Mal seit sieben Jahren. Die Gründe sind vor allem im schrumpfenden Konsum zu suchen. Aber beruhigt sich die politische Lage des Landes sich nicht nachhaltig bald wieder, wird das auch auf die Investitionen durchschlagen. Touristen bleiben schon jetzt aus. Die Lira hat seit der Wahl Trumps zum US-Präsidenten um zehn Prozent und seit Mai 2016 um 20 Prozent verloren.

Keine gute, aber leider momentan die bestmögliche Alternative für Stabilität scheint ausgerechnet in einer Ausweitung der Macht Erdoğans zu bestehen, sagen jetzt sogar Erdogan-Kritiker. Sollte die Verfassungsänderung unter Dach und Fach sein, könnte das Land endlich zur Ruhe kommen, und die einst begonnene Reform-Agenda fortsetzen, die das rasante Wachstum in den Nuller-Jahren ermöglichte und nebenbei Minderheitenrechte stärkte.

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