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Terrorgefahr in Großbritannien Londons Banker im Ring aus Stahl

Etwas bedrückt war die Stimmung bei der Lord Mayor’s Show, der traditionellen Herbstparade der Geldhäuser und Zünfte der Londoner City. Dabei sollte die 800-Jahre-Feier besonders prunkvoll und fröhlich werden.

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Armed police observe a minutes silence in honour of the victims of Friday's attacks in Paris at the Eurostar terminal in London Monday Nov. 16, 2015 . Security has been stepped up outside the French Embassy following Friday's terror attacks that killed scores of people in Paris. (Anthony Devlin/PA via AP) UNITED KINGDOM OUT NO SALES NO ARCHIVE Quelle: AP

Das Feuerwerk wurde gestrichen, zwei Schweigeminuten lang gedachte man der Opfer von Paris. Polizei mit Maschinenpistolen im Anschlag bewachten den Aufmarsch der bunt kostümierten Garden und die goldene Kutsche des Lord Mayor, des ehrenamtlichen Oberhauptes der Finanzmeile. Der aber erklärte trotzig: „Wir werden den Terror nicht triumphieren lassen.“

Die Menschen in London leben seit Jahrzehnten im Schatten der Terrorgefahr. Waren es früher die Anschläge der Irisch-Republikanischen Armee (IRA), geht die größte Bedrohung seit der Jahrtausendwende von islamischen Extremisten aus. Schon lange wird die Finanzmeile durch ein raffiniertes System von Kameras und Straßensperren, dem sogenannten „Ring of Steel“ geschützt. Die Kennzeichen aller Fahrzeuge und die Fahrer, die ihn passieren, werden fotografiert. Die Londoner City hat ihre eigne Polizei, diese beschäftigt Anti-Terrorspezialisten. Banken und Unternehmen können sich von ihnen beraten lassen. Je nach Risikolage empfehlen sie die Verlagerung von Büro- zu Heimarbeit, gelegentlich auch, die Nadelstreifenanzüge im Schrank zu lassen, um nicht zur Zielscheibe zu werden.

So soll der Kampf gegen den Terror verschärft werden
Innenminister Quelle: dpa
Eifelturm Quelle: dpa
Italien Quelle: dpa
G20-Vertreter Quelle: dpa
Schweden Quelle: dpa
Belgien reagierte auf den Terror in Paris mit Pass- und Fahrzeugkontrollen an der Grenze zu Frankreich Quelle: dpa
SpanienIn Spanien wurde erwartet, dass an der 656 Kilometer langen Grenze zu Frankreich deutlich mehr Sicherheitskräfte eingesetzt werden. Schon nach Anschlägen in Tunesien und Kuwait hatte Madrid im Juni den Alarm auf die zweithöchste Stufe 4 angehoben. Seitdem gelten für Flughäfen und Bahnhöfe, Atomanlagen und Botschaften verschärfte Schutzmaßnahmen. Quelle: AP

Die Millionen Pendler, die jeden Tag dicht gedrängt im Zug oder der U-Bahn in Richtung City oder Canary Wharf reisen, wissend, dass sie ein Terrorziel werden könnten, demonstrieren, was die sprichwörtliche „stiff upper lip“ in der Praxis bedeutet. Trotz der Ereignisse von Paris entschied das Innenministerium die zweithöchste Sicherheitsstufe, die von einem „ernsten“ Risiko ausgeht, beizubehalten. Sie besagt, dass ein Anschlag wahrscheinlich ist, aber nicht unmittelbar bevorsteht. Der Ernstfall wird aber regelmäßig mit Anti-Terror-Übungen, den sogenannten „War Games“ – geprobt. So auch im Juni, als 1000 Polizisten, mehrere hundert Soldaten, sowie die Mitglieder von Geheimdiensten-, Sicherheits- und Hilfsorganisationen in der stillgelegten U-Bahnstation Aldwych eine Terrorattacke durchspielten, die Elemente des Charlie-Hebdo-Überfalls kopierte.

Noch vor Ende November soll außerdem eine große Cyberattacke auf die größten Banken in Großbritannien und den USA simuliert werden: „Operation Resilient Shield“ wird damit erstmals Abwehrsysteme diesseits und jenseits des Atlantik und eine koordinierte Antwort der britischen und amerikanischen Aufsichtsbehörden testen. Die Bank of England hatte bereits 2011 und 2013 mit groß angelegten Simulationen geprüft, wie die Bankenwelt in der City und im modernen Finanzdistrikt Canary Wharf mit einer Attacke auf ihre Computersysteme zurecht kommen würde. Datenspeicher und Handelsfazilitäten außerhalb Londons dienen als Sicherheitsnetz für Banken und Wertpapierhäusern, wenn die IT-Systeme in der City ausfallen sollten.

In Canary Wharf sind alle Gebäude terrorsicher: sie haben jeweils mehrere Ein- und Ausgänge, große Blumenkästen und anderes Straßenmobiliar schützen vor Autobomben, die Fassaden sind mit Spezialglas gegen Sprengstoffanschläge gesichert. Innen werden die Trutzburgen von geschultem Personal geschützt: Wachmänner fragen Neuankömmlinge schon an der Tür nach ihrem Ziel, Rezeptionistinnen vergewissern sich telefonisch bei einer Kontaktperson, ob der Besucher einen Termin hat und der darf nur mit Begleitung in den Lift. Überwachungskameras sind allgegenwärtig.

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