Theresa May besucht Angela Merkel Fünf Gründe, warum Deutschland die Briten braucht

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Arbeitsmarkt, Militär, Innere Sicherheit

3. Der große Arbeitsmarkt der Insel

2,2 Millionen Menschen, die in Großbritannien arbeiten, kommen aus dem EU-Ausland – darunter auch viele Deutsche. Nach der letzten Volkszählung leben allein 274.000 Deutsche in der Millionen-Metropole London. Die Deutsche Bank ist beispielsweise seit mehr als 140 Jahren in Großbritannien vertreten und beschäftigt dort mehr als 8000 Mitarbeiter.

Die Deutsche Bahn hat sogar 33.000 Mitarbeiter in Großbritannien, mehr als zehn Prozent ihrer Beschäftigten. Viele Mitarbeiter profitieren bislang von der Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU. Demnach darf jeder EU-Bürger problemlos in jedem EU-Staat arbeiten. May will diese Freizügigkeit jedoch künftig eng begrenzen, was viele EU-Ausländer vor ernsthafte Probleme stellt. Drei Viertel der EU-Bürger, die in Großbritannien arbeiten, erfüllen nicht die Kriterien, die Ausländer für ein Visum im Land brauchen, heißt es in einer Untersuchung der Universität Oxford.

Betroffen wären demnach vor allem EU-Bürger, die in britischen Hotels, Restaurants oder in der Landwirtschaft arbeiten. Aber auch bei den Banken und Finanzdienstleistern in London erfüllen laut Studie 60 Prozent der Angestellten aus anderen EU-Staaten die Visa-Anforderungen nicht.

4. Die militärische Bedeutung von Großbritannien

Das Vereinigte Königreich verfügt über einen ständigen Sitz im Uno-Sicherheitsrat, über Atomwaffen und international einsatzerfahrene Streitkräfte. In internationalen Konflikten wird Berlin – wenn Europa mit einer Stimme sprechen soll – auch künftig nicht an London vorbeikommen. Insgesamt knapp 54,6 Milliarden Euro nahmen die Briten im vergangenen Jahr in die Hand, um ihre Armee auszurüsten und zu bezahlen – kein europäischer Staat hat einen höheren Verteidigungsetat.

So wäre Berlin ohne die Briten in Verteidigungsfragen noch stärker auf Frankreich angewiesen, das dann einzig verbleibende Sicherheitsratsmitglied der EU. Mit der Instabilität im Nahen Osten, der Bedrohung durch die Terrormiliz Islamischer Staat und die russische Aggression in Osteuropa wird Berlin und Europa deshalb nur umgehen können, wenn es Großbritannien weiter eng einbindet – Brexit hin oder her.

Wie es nach dem Referendum weiter geht
Premierminister David Cameron Quelle: dpa
Artikel 50 Quelle: dpa
Der ungeregelte Austritt Quelle: dpa
Das Modell „Norwegen“: Quelle: dpa
Das Modell „Schweiz“: Quelle: dpa
Das Modell „Kanada“: Quelle: dpa
Das „WTO“-Modell Quelle: REUTERS

5. Die Innere Sicherheit

Der britische Geheimdienst kooperiert bisher eng bei der Terrorabwehr mit dem deutschen Pendant BND gedroht, die Kooperation bei der Terrorabwehr einzustellen. Ein Abbruch der Beziehungen zum GCHQ, der technisch als ähnlich fähig wie der US-Geheimdienst NSA eingestuft wird, würde die Informationslage für Berlin deutlich beeinträchtigen.

Die deutschen Behörden sind im Kampf gegen den Terrorismus auf eine enge Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten angewiesen. Der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV), Hans-Georg Maaßen, hatte bereits vor gut einem Jahr die Bedeutung ausländischer Nachrichtendienste betont. Gerade bei der Aufklärung verschlüsselter Gespräche oder Nachrichten tun sich die Deutschen schwer.

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