Theresa May in Davos Die drei größten Herausforderungen für Europa

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„Wenn diese Länder sich nicht ändern, hat Europa große Probleme“

2. Reformen angehen, Regeln einhalten

Mark Rutte, der Regierungschefs der Niederlande, ist jemand, der im Kreis von Europas Regierungschef nicht oft auffällt. Meist hält er zu den Deutschen, ansonsten ist er froh, wenn er nicht als zu polarisierend wahrgenommen wird. Nun aber sitzt er auf einem dieser unzähligen Podien dieser Tage in Davos und spricht recht deutliche Worte. Er sieht die Verantwortung für das Auseinanderdriften der EU vor allem im Süden. „Frankreich und Italien müssen endlich die nötigen wirtschaftlichen Reformen durchsetzen“, sagt Rute. „Wenn diese Länder sich nicht ändern, hat Europa große Probleme.“

Unter den Managern in Davos sagt das niemand so offen, aber auch hier heißt es: Die Regeln müssen eingehalten werden oder so angepasst werden, dass sie einzuhalten sind. Sonst habe Europa keine Zukunft. Was damit gemeint ist? Stabilitätspakt, wirtschaftliche Reformen. Durchaus aber auch ein Eingeständnis Deutschlands, es mit der europäischen Solidarität weiter ernst zu halten.

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3. Lieber grobe Leitplanken, an die sich alle halten, als Mikromanagement, das alle ignorieren

Einer, der den Zustand Europas kritisch und dennoch konstruktiv sieht, ist Österreichs Bundeskanzler Christian Kern. Seit achteinhalb Monaten gehört der Sozialdemokrat mit Manager-Vorleben dem Kreis der Regierungschefs an. Und er glaubt: So wie bisher kann es in Europa nicht weitergehen. Es ziehe sich eine Schwerfälligkeit durch viele Politikbereich der EU, findet Kern, die womöglich auch daran liege, dass viel Mikromanagement betrieben werde, anstatt sich auf die großen Leitlinien zu einigen, die dann allen den Weg vorgäben. Als Beispiel nennt er die europäische Stahlpolitik: Während Europa sich über Grundsatzdiskussionen, wie man mit chinesischen Billigimporten umzugehen habe, weil jedes Land Chinas Status als Marktwirtschaft anders definiere, gingen Jahr für Jahr 30.000 Jobs in Europas Stahlindustrie verloren. Mit einer Wirtschaftspolitik, die sich auf die großen Frage konzentriere und hinter der sich alle versammeln könnten, passiere das womöglich nicht. Ändere sich das nicht, „dann steht Europa vor wirklich großen Problemen.“

Und der niederländische Ministerpräsident Rutte findet, Europas Mikromanagement für zu einer solchen Vielzahl an Regeln, die dann nicht mehr überwachbar seien: „Zu wenige Länder tun dann, was sie tun sollten. Und dann hält Europa sein Versprechen nicht, die Gesellschaften des Kontinents auf ein neues Level des Wohlstands zu heben.“

Ob diese Reformen kommen? Und ob der Veränderungsdruck groß genug ist? Womöglich hat ausgerechnet May den Europäern nun keine Wahl gelassen, sich dieser Debatte zu stellen. Sie jedenfalls ist optimistisch, als sie in Davos ihre Rede beendet: Das Vereinigte Königreich wird gestärkt aus diesen Herausforderungen gehen, als wahrlich weltoffenes Land. Und als Freund Europas.“

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