Wenn ich zusammenfasse: Sie haben unterschiedliche Rettungsvorschläge, ähneln sich aber in ihrem – negativen – Ausblick. Was bedeutet das für den Investor: Was soll der Privatbürger mit seinem Ersparten machen?
Thorsten Polleit: Mein Rat ist: Investieren Sie in Aktien und Gold. Jeder Investor muss eine positive reale Verzinsung seines Kapitals anstreben. Das werden sie nur mit bestimmten Unternehmensmodellen schaffen. Von Anleihen würde ich abraten. Da werden sie kaum ein sicheres Papier finden, das die Inflation schlagen wird.
Eckart Langen v. d. Goltz: Ich halte das Investitionsumfeld für gefährlich. Vielen Firmen fehlt Kapital. Wir steuern auf eine deflationäre Phase zu. Deswegen: Vermeiden Sie größere Risiken und widerstehen Sie – zumindest für den Moment – dem Traum von der hohen Rendite.
So kommen Aktien-Anleger durch das Zinstal
Niedrige Zinsen machen Aktien attraktiv im Vergleich zu anderen Anlageformen, besonders Staatsanleihen
Vor allem Aktien mit attraktiven Dividendenrenditen profitierten in den letzten Jahren von der Zinsdürre, da kapitalkräftige Großanleger wie Pensionsfonds sie gerne kaufen
Der Kapitalmarkt billigt Aktien höhere Bewertungen zu
Wer Geld längerfristig anlegen kann, sollte einen Teil davon weiterhin in Aktien stecken, je nach Risikoneigung etwa 20 bis 40 Prozent seines Geldes
Zuletzt reagierte die Börse immer weniger auf neue Zinssenkungen durch die Notenbanken; die Notenbank-Munition für die Börse bleibt zwar erhalten, nutzt sich aber in ihrer Wirkung offensichtlich ab. Wer bis jetzt überhaupt nicht in Aktien war, sollte daher nicht auf einen Schlag sehr viele Papiere kaufen
Ideal für Aktien sind die Bedingungen der letzten vier Jahre: niedrige Zinsen, viel Notenbank-Geld und leichte Inflation
Steigende Zinsen bedeuten, dass Kredite und Investitionen teurer werden
Bisher ging noch jedem Crash eine Zinswende voraus. Daher reagiert die Börse sensibel auf die Andeutungen der US-Notenbank von Mitte Juni, 2014 die Gelddruckprogramme zurückzufahren und die Zinsen anzuheben
Dividendenstarke Aktien großer Konzerne haben am meisten von den Niedrigzinsen profitiert; Großanleger kauften sie teils als Ersatz für Zinspapiere. Sie dürften es auch sein, die bei strafferer Geldpolitik am stärksten leiden, zumal sie schon sehr teuer sind
Anleger sollten Aktien generell zunächst meiden, wenn sich stärkere Zinserhöhungen andeuten; Aktien verlieren im Vergleich zu Zinspapieren heftiger
Langfristig führt an einem breit gestreuten Depot kein Weg vorbei, dazu gehören auch Aktien. Doch die Geldpolitik war nun schon sehr lange ideal – besser kann es kaum werden
Thorsten Polleit: Es gibt zwei Szenarien: Entweder wir steuern auf eine deflationäre Phase zu, wie Sie, Herr Langen von der Goltz skizzieren, oder wir erleben in den kommenden Jahren eine kräftig wachsende Inflation. Schauen Sie nach Unternehmen, die Preismacht haben und in beiden Szenarien zu den Gewinnern gehören können. Es gibt Konzerne, die können in einem inflationären Umfeld die höheren Einkaufspreise weitergeben und Gewinn erzielen. Und gleichzeitig in einer Deflationsphase von den fallenden Preisen, etwa beim Einkauf von Öl, profitieren, in dem das Unternehmen seine Preise nicht in gleichem Maße senkt und so seinen Gewinn steigert. Diese Perlen gilt es zu suchen und zu finden.
Eckart Langen v. d. Goltz: Die Finanzblase nähert sich ihrem Höhepunkt. Wann der Knall kommt, wissen wir nicht. Der Dax kann noch auf 11.000 bis 12.000 oder mehr Punkte steigen, bevor es soweit ist. Wir wissen derzeit nur, ob es unterbewertete Aktien gibt. Wir werden immer in Aktien investieren. Aber derzeit gibt es wenige dieser Perlen. Das heißt: Seien Sie vorsichtig, warten Sie ab. Verausgaben Sie sich nicht, halten Sie den Großteil Ihres Geldes in sicherer Form trocken und warten Sie, bis sich wieder bessere Chancen ergeben.
Ist gut beraten, wer vor einem möglichen Crash noch Gold kauft?
Thorsten Polleit: Gold ist das ultimative Zahlungsmittel. Es steht nicht im Wettbewerb mit einem Haus oder einer Aktie. Es ist eine Währung. Man ist gut beraten, wenn man einen Teil seines Portfolios in physischem Gold hält, quasi als Versicherung. Das gilt aktuell mehr denn je.