Eckart Langen v. d. Goltz: Sie reden von Machtmissbrauch, dabei retten uns die Zentralbanken. Welchen Sinn macht es, die Leute auf die Straße zu schicken, unsere Demokratie zu gefährden, obwohl wir in Gütern schwimmen!? Es fehlt an Geld. Und es ist zum Glück nicht nur die Fed, sondern auch die japanische Notenbank, die Geld druckt. Die Bank of Japan geht hin und finanziert die Hälfte aller Staatsausgaben über die Notenpresse. Stellen Sie sich mal vor, was hier los wäre, wenn die EZB die Hälfte des Haushaltes von Frankreich, Italien und Deutschland finanzieren würde. Wir sind zu verkrampft, wir beharren auf eine angeblich stabilitätsorientierte Geldpolitik und gefährden damit unseren Wohlstand.
Herr Polleit, ist Japan ein nachahmenswertes oder ein mahnendes Beispiel?
Thorsten Polleit: Ich halte die japanische Geldpolitik für fatal. Ich wiederhole mich: Schulden werden mit neuen Schulden bekämpft, die Fallhöhe der nächsten Krise wird noch größer sein. Es wird irgendwann einen Zusammenbruch geben. Die Notenbanken versuchen, diesen Zeitpunkt hinauszuzögern. Aber der Kollaps wird kommen. Ich befürchte, dass Europa den japanischen Weg geht und schon in Kürze wieder Staatsanleihen der Euro-Krisenländer kauft.
Eckart Langen v. d. Goltz: Hoffentlich wird es so kommen!
Thorsten Polleit: Es wird Profiteure und Benachteiligte geben. Der Staat gehört sicher zu den Gewinnern einer Inflationspolitik. Und die Finanzmärkte auch. Der Rest aber gehört zu den Verlierern. Das ist eine Umverteilung von unten nach oben. Die Sparer bezahlen über die kalte Enteignung für diese Politik. Die Japaner haben bis Ende 2012 nicht monetisiert, sie haben auf keynesianische Politik gesetzt. Jetzt aber kauft die Notenbank Staatsanleihen vom Bankensektor. Bislang kommt das Geld nicht bei den Konsumenten an.
Löcher ins Vermögen
Niedrigzinsen fressen am Ersparten, Notenbanker denken über Minuszinsen nach, und die Merkel-Garantie gilt auch nicht mehr.
Forderung nach härterer Mietpreisbremse, Grund- und Grunderwerbsteuern steigen, historisch oft Zwangsabgaben.
In Krisenphasen oft verboten, Mehrwertsteuerpflicht und Abschaffung der Spekulationsfrist drohen.
Finanztransaktionsteuer drückt, Forderung nach Abgeltungsteuer von 25 auf 32 Prozent, Vermögensabgabe wird diskutiert.
Eckart Langen v. d. Goltz: Das ist das Problem. Wir müssen die Konsumenten stärken. Sie brauchen mehr Geld im Portemonnaie. Sie müssen Waren kaufen. Sonst liegt die Wirtschaft am Boden.
Thorsten Polleit: Im ungedeckten Papiergeldsystem lässt sich Inflation problemlos generieren, wenn die Notenbanken das wollen.
Eckart Langen v. d. Goltz: Schauen Sie dich die Daten an: Es gibt derzeit keine nennenswerte Inflation und es wird zu keiner Hyperinflation in den nächsten Jahren kommen.
Triebfedern für die Inflation
„Das Inflationsgespenst kehrt zurück“, schreibt Gottfried Heller in seinem Buch „Der einfache Weg zum Wohlstand“ und nennt sechs Triebfedern, die die Inflation verstärken.
Seit mehr als einem halben Jahrzehnt sorgen die Notenbanken der USA, der Euro-Zone, Großbritannien und Japan im Kampf gegen die Banken- und Schuldenkrise für sehr hohe Liquidität.
Sobald die Konjunktur anzieht, zeigt sich eine Nebenwirkung der Geldflut: Rohstoffe wie Kupfer, Öl, Weizen und Mais werden teurer. Das lässt auch die Lebenshaltungskosten steigen.
Inflation hilft den Regierungen beim Tilgen ihrer Schulden. Bei der Entschuldung profitiert der Staat also von der Inflation.
Längerfristig ist es unausweichlich, dass die Preise in den Schwellenländern, insbesondere China und Indien, steigen. Durch Importe aus diesen Ländern steigt auch die Teuerungsrate in den Industriestaaten.
Die Wachstums- und Kostentrends in den Süd- und Nordländern des Währungsraums sind sehr unterschiedlich. Das steigert die Inflation.
Steigt die Inflationsrate, verlangen auch die Gewerkschaften höhere Löhne. Das führt zu zusätzlicher Verteuerung.
Thorsten Polleit: Das kommt immer drauf an, worauf Sie schauen! Wir erleben derzeit eine Vermögenspreisblase. Schauen Sie sich an, wie sich die Hauspreise entwickeln, wie sie die Aktienmärkte entwickeln.
Eckart Langen v. d. Goltz: Ich sage ja nicht, dass die Politik der Notenbanken zu einem umfassenden Erfolg führt. Es führt nur dazu, dass das System am Leben bleibt. Die Lösung sieht ganz anders aus. Der Patient bleibt schwer krank. Es ist schlimm genug, dass Sparer mit einem Negativzins leben müssen. Noch schlimmer wäre es aber wenn er wie in den 1930er-Jahren einen Großteil seines Vermögens verliert, weil das System kollabiert. Das müssen wir verhindern. Hier geht es ums Ganze!