Transatlantisches Freihandelsabkommen Die fünf Fehler der TTIP-Befürworter

Das Freihandelsabkommen zwischen EU und USA soll Wachstum und Wohlstand bescheren. Doch die Europäer haben in den dreijährigen Verhandlungen schwere Fehler gemacht, weshalb das Abkommen womöglich nie Realität wird.

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Freihandelsabkommen: TTIP und CETA Quelle: dpa Picture-Alliance

Amerikaner und Europäer verhandeln über die größte Freihandelszone aller Zeiten. Es geht um 30 Billionen Euro Wirtschaftskraft, ein Drittel des globalen Handels mit Waren und Dienstleistungen und 830 Millionen Bürger und Konsumenten.

Vor drei Jahren saßen die Verhandlungspartner für das Mammutprojekt zum ersten Mal zusammen, nun wird in Brüssel die 14. Verhandlungsrunde abgeschlossen. Bis Jahresende soll das Abkommen stehen. Zeit für eine Zwischenbilanz.

In der wird deutlich: Mindestens fünf Fehler sind den Europäern unterlaufen.

1. Kaum haltbare Schätzungen zur Wirkung von TTIP

Für die EU-Kommission stand von Anfang an fest, dass das Freihandelsabkommen den wirtschaftlichen Wohlstand auf beiden Seiten des Atlantiks mehren wird.

Was Deutsche und Amerikaner über TTIP denken

Das Londoner Centre for Economic Policy Research (CEPR) hatte Brüssel in einer Auftragsstudie konkrete Zahlen geliefert: Für das Jahr 2027 rechnen die Ökonomen in Europa demnach mit einer zusätzlichen Wirtschaftsleistung von 120 Milliarden Euro durch TTIP. Das wären 0,5 Prozent des derzeitigen EU-BIP. Die USA würden mit einem Plus von 0,4 Prozent und 95 Milliarden Euro zwar etwas weniger, aber ebenfalls kräftig profitieren.

Rolf Langhammer vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel hält es für einen Fehler, dass die Kommission diese Zahlen veröffentlicht hat. „Angesichts der vielen heterogenen Themen, die bei TTIP verhandelt werden, stoßen die gängigen Schätzmodelle zu den Effekten an ihre Grenzen.“ Wann welche Effekte auftreten und wie positiv sie sich auswirken, bleibe höchst unsicher. „Die Kommission hat geglaubt, dass die CEPR-Schätzungen die Öffentlichkeit beeindrucken würden. Doch sie haben vor allem Verwirrung, Zweifel und Widerspruch ausgelöst.“ Brüssel hat damit viel Vertrauen verspielt, ist Langhammer überzeugt.

2. Die Verhandlungspartner wollten zu viel auf einmal

Vor drei Jahren war nicht nur von einem Handels- und Investitionsabkommen die Rede. In Politik, Wirtschaft und Medien wurde sogar über einen gemeinsamen amerikanisch-europäischen Binnenmarkt diskutiert.

Wäre der vergleichbar mit jenem, der im Zuge des europäischen Einigungsprozesses entstand? Und käme nach einem Binnenmarkt von Los Angeles bis Bukarest dann der europäisch-amerikanische Superstaat? Für manche klang das nach einer Utopie, für andere nach einem Horrorszenario. Unrealistisch war es in jedem Fall – und vor allem Beleg für die (über-)ambitionierten Verhandlungsziele.

Claudia Schmucker von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) hat es überrascht, wie zäh die Verhandlungen starteten. „Die TTIP-Verhandlungen liefen von Anfang an nicht gut. Beim Thema Zölle konnten sich Brüssel und Washington über zwei Jahre lange nicht einigen, obwohl das das einfachste Thema ist“, sagt die Expertin für Handelspolitik.

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