Transferunion Deutschland zahlt immer mehr Geld für Europa

Ist ein Transfersystem in Europa erst einmal etabliert, dann gilt für Deutschland stets die Nachschusspflicht. Die von der Bundesregierung zur Euro-Rettung eingegangenen Verpflichtungen sind nichts anderes als zukünftige Steuerzahlungen.

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Die zehn größten Euro-Lügen
Ex-EZB-Chef Jean-Claude Trichet Quelle: dpa
Wolfgang Schäuble Quelle: dpa
Giorgios Papandreou Quelle: dpa
Wolfgang Schäuble Quelle: dapd
Chef der Eurogruppe Jean-Claude Juncker Quelle: dapd
Angela Merkel mit Draghi Quelle: dapd
Mariano Rajoy Quelle: REUTERS

Die Umverteilungs- und Transferunion gab es schon vor der Euro-Rettung. Treffen die Berechnungen des emeritierten Heidelberger VWL-Professors Franz-Ulrich Willeke zu, dann hat Deutschland zwischen 1991 und 2011 rund 45 Prozent der gesamten Nettobeiträge zum EU-Haushalt bezahlt. Inflationsbereinigt waren das fast 250 Milliarden Euro. Ausgemacht war eigentlich ein Anteil von 20 Prozent, entsprechend dem deutschen Anteil an der Wirtschaftsleistung aller EU-Länder.

Aber das ist Europa. Wen interessieren noch Absprachen und Verträge? Wie schon bei der Wiedervereinigung traut sich Berlin auch bei den Nettozahlungen zum EU-Haushalt nicht, eine längerfristige Bilanz aufzustellen. Geht es gar nach deutschen Wirtschaftsforschungsinstituten, dann soll noch mehr Geld nach Brüssel gelenkt werden.

Die größten Netto-Zahler der EU
Touristen in Helsinki Quelle: dapd
Eine Windkraftanlage nahe Dänemark Quelle: dapd
Der Wiener Opernball Quelle: dpa
Da Atomium in Belgien Quelle: REUTERS
Eine Mitarbeiterin in der Schwedischen Botschaft in Minsk Quelle: REUTERS
Frau Antje Quelle: AP
Das Colosseum Quelle: REUTERS

In einer vom Beratungsunternehmen PwC in Auftrag gegebenen Studie schlägt etwa das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) zur Lösung der Strukturprobleme in der Eurozone vor, eine einheitliche Eurosteuer einzuführen, die zehn Prozent des jeweils zu versteuernden Einkommens eines Mitgliedslandes entsprechen soll. Wünschenswert sei außerdem die Einführung einer europäischen Arbeitslosenversicherung mit einem Beitragssatz von zwei Prozent. Aus diesem Topf soll jeder Arbeitslose in der Euro-Zone über einen Zeitraum von einem Jahr etwa 30 Prozent des nationalen Durchschnittseinkommens erhalten. Insgesamt müsste Deutschland jährlich etwa 40 Milliarden Euro netto mehr aufbringen - das Vierfache des bisherigen (offiziellen) Nettobeitrages.
Was wie ein verfrühter Aprilscherz klingt, könnte bald Wirklichkeit werden. Brüssel hat sicher nichts gegen weitere Befugnisse. Die Idee einer gemeinsamen Arbeitslosenversicherung stand bereits auf der Tagesordnung bei einem Treffen zwischen dem französischen und dem deutschen Finanzminister.

Der EU-Soli aus Deutschland

Die größten Nettoempfänger der EU
Ein bulgarischer Landwirt hält eine Nationalflagge während Protesten in Sofia Quelle: dpa
Eine Frau mit einer Rumänischen Flagge Quelle: dapd
Blitze über Bratislava Quelle: dpa
Die Altstadt von Vilnius Quelle: AP
Blick aus dem Rathausturm in Prag Quelle: dpa
Die Projektion der portugiesischen auf einem historischen Gebäude Quelle: REUTERS
Das ungarische Parlament Quelle: dpa

Warum also nicht gleich Nägel mit Köpfen machen? Der Vorschlag des HWWI macht schließlich nur das offensichtlich, was vermutlich sowieso bald Realität sein wird: Die von der Bundesregierung zur Euro-Rettung eingegangen Verpflichtungen sind nichts anderes als zukünftige Steuerzahlungen. Die zehnprozentige Abgabe auf das zu versteuernde Einkommen wäre eine Art EU-Soli. Dass sich damit aber die strukturellen Probleme innerhalb der Euro-Zone nicht lösen lassen, zeigen die Erfahrungen mit der deutschen Wiedervereinigung und mit dem deutschen Länder-Finanzausgleich.

So viel zahlen oder bekommen die einzelnen Länder

Wenn es um Europa geht, dann produzieren Wirtschaftsforschungsinstitute und der Sachverständigenrat in der Regel ziemlich kostspielige Ideen. Noch gut in Erinnerung ist die Forderung des Sachverständigenrates, die Euro-Krise durch eine zeitweise Vergemeinschaftung der Schulden zu lösen. In die Kategorie geistige Totgeburt gehört auch das Konzept des HWWI. Die Höhe der deutschen Netto-Transferzahlungen lässt sich damit nicht kontrollieren, wie schon in der EU-Agrarpolitik nicht.

Einige Länder werden mit Sicherheit Einnahmen aus der Einkommensteuer zur Mehrwertsteuer verlagern und den Bezug von Arbeitslosengeld erleichtern. In Frankreich etwa hat ein Arbeitnehmer schon nach viermonatiger Beschäftigungszeit einen Anspruch auf bis zu zwei Jahre Solidarität. Ein System, das zum Missbrauch geradezu einlädt. Ob der deutsche Steuerzahler diesen Luxus mitfinanzieren will ohne selbst in den Genuss solcher Leistungen zu kommen? Das darf bezweifelt werden, aber darauf läuft es hinaus. Und nicht vergessen: Ist ein Transfersystem in Europa erst einmal etabliert, dann gilt für Deutschland - wie immer – die Nachschusspflicht.

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