
Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung in der Ukraine hat den Dax am Mittwoch weiter fest im Griff. Der Frankfurter Leitindex sank am späten Vormittag um 0,3 Prozent auf 9565 Punkte. Der EuroStoxx50 verlor 0,2 Prozent auf 3131 Zähler. Am Vortag hatte noch die Hoffnung auf eine friedliche Beilegung der Krim-Krise die Aktienkurse weltweit kräftig angetrieben. "Die Märkte sind weiter sehr anfällig für größere Kursverluste, sollte die Lage in der Ukraine eskalieren", sagte Marktstrategin Brenda Kelly von IG Markets.
Kurzzeitig hatten überraschend starke Konjunkturdaten die Indizes ins Plus drehen lassen. Die Geschäfte der Dienstleister in der Euro-Zone wuchsen im Februar so kräftig wie seit fast drei Jahren nicht mehr. "Insgesamt untermauern die Einkaufsmanager-Indizes das grundsätzlich positive Wachstumsszenario in der Eurozone", sagte Helaba-Analyst Ulrich Wortberg.
Die wirtschaftliche Bedeutung der Ukraine
Das flächenmäßig nach Russland größte europäische Land besitzt jede Menge davon: Eisenerz, Kohle, Mangan, Erdgas und Öl, aber auch Graphit, Titan, Magnesium, Nickel und Quecksilber. Von Bedeutung ist auch die Landwirtschaft, die mehr zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt als Finanzindustrie und Bauwirtschaft zusammen. Etwa 30 Prozent der fruchtbaren Schwarzerdeböden der Welt befinden sich in der Ukraine, die zu den größten Weizenexporteuren gehört. In der Tierzucht spielt das Land ebenfalls eine führende Rolle.
Sie ist gering. Das Bruttoinlandsprodukt liegt umgerechnet bei etwa 130 Milliarden Euro, in Deutschland sind es mehr als 2700 Milliarden Euro. Das Pro-Kopf-Einkommen beträgt nicht einmal 3900 Dollar im Jahr. Wuchs die Wirtschaft 2010 um 4,1 und 2011 um 5,2 Prozent, waren es 2012 noch 0,2 Prozent. 2013 dürfte es nur zu einem Plus von 0,4 Prozent gereicht haben.
Exportschlager sind Eisen und Stahl, gefolgt von Nahrungsmitteln, Rohstoffen und chemischen Produkten. Wichtigstes Importgut ist Gas. Auch Erdöl muss eingeführt werden. Die Ukraine könnte aber vom Energie-Importeur zum -Exporteur werden, weil sie große Schiefergasvorkommen besitzt.
Sie ist von der Schwerindustrie geprägt, besonders von der Stahlindustrie, dem Lokomotiv- und Maschinenbau. Ein Grund ist, dass die Sowjetunion einen Großteil der Rüstungsproduktion in ihrer Teilrepublik Ukraine angesiedelt hatte. Eine Westorientierung und die Übernahme von EU-Rechtsnormen könnte das Land zunehmend zum Produktionsstandort für westliche Firmen machen.
Deutschland ist einer der wichtigsten Handelspartner der Ukraine. Gemessen an der Größe des Landes ist das deutsche Handelsvolumen aber unterdurchschnittlich. Zu den wichtigsten deutschen Exportgütern zählen Maschinen, Fahrzeuge, Pharmaprodukte und elektrotechnische Erzeugnisse. Wichtigste ukrainische Ausfuhrgüter sind Textilien, Metalle und Chemieprodukte. Nach Angaben des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft sind knapp 400 deutsche Unternehmen in der Ukraine vertreten. Bei den Direktinvestitionen liegt Deutschland auf Platz zwei hinter Zypern.
Chancen ergeben sich für die deutsche Wirtschaft vor allem im ukrainischen Maschinen- und Anlagenbau. Zudem ist die frühere Sowjetrepublik mit ihren rund 45 Millionen Einwohnern ein potenziell wichtiger Absatzmarkt für Fahrzeuge. Korruption und hohe Verwaltungshürden stehen Investitionen indes im Wege.
Rund ein Drittel der ukrainischen Exporte fließt in die EU. Eine engere wirtschaftliche Verknüpfung durch ein Handels- und Assoziierungsabkommen liegt auf Eis, nachdem Präsident Viktor Janukowitsch auf russischen Druck seine Unterschrift verweigerte. Für die EU ist die Ukraine für die Versorgung mit Erdgas von Bedeutung. Rund ein Viertel ihres Gases bezieht die EU aus Russland, die Hälfte davon fließt durch die Ukraine.
Mit Abstand wichtigster Handelspartner der Ukraine ist Russland. Ein Drittel der Importe stammt aus dem Nachbarland, ein Viertel der Exporte gehen dorthin. Der Regierung in Moskau ist eine Orientierung der Ukraine nach Westen ein Dorn im Auge. Stattdessen drängt sie das Land zum Beitritt zur Zollunion mit Kasachstan und Weißrussland.
Streit flammt zwischen beiden Ländern immer wieder über Gaslieferungen auf. Die Ukraine importiert fast ihr gesamtes Gas aus Russland, muss dafür aber einen für die Region beispiellos hohen Preis zahlen. Der Konflikt über Preise und Transitgebühren hat in der Vergangenheit zu Lieferunterbrechungen geführt, die auch die Gasversorgung Europas infrage stellten.
Adidas-Aktien rutschten nach Vorlage der Zahlen um bis zu 3,5 Prozent ab. Der Sportartikel-Hersteller blieb trotz eines Rekordgewinns im vergangenen Jahr hinter den Erwartungen zurück. Adidas macht sich wegen der Krim-Krise Sorgen über sein Geschäft in Russland und der Ukraine. "Wenn der Konflikt andauert, wird das die Verbraucher nervöser machen", sagte Vorstandschef Herbert Hainer am Mittwoch auf der Bilanzpressekonferenz. "In den ersten beiden Monaten haben wir keinen negativen Einfluss auf unser Geschäft gestehen." Zu schaffen macht Adidas allerdings der Wertverlust des russischen Rubels - dieser Trend hatte sich im Zuge des Konflikts seit Jahresbeginn beschleunigt. Russland ist eines der wichtigsten Länder für den deutschen Sportausrüster, der dort bereits seit Jahrzehnten als Marktführer verankert ist.
Europa
Einige Analystenkommentare bewegten die Kurse der entsprechenden Unternehmen. So sank der Kurs des Dialysekonzerns FMC um bis zu zwei Prozent, nachdem die Experten von Berenberg den Titel zum Kauf empfohlen hatten. Salzgitter profitierten von einer positiven Studie der Citigroup. Die Aktien des Stahlkochers setzten sich mit plus 3,9 Prozent an die MDax-Spitze.
Im TecDax schossen Kontron zeitweise um mehr als acht Prozent nach oben und machten damit ihren Kursverlust der vergangenen Tage wett. Die Aktien des Kleincomputerbauers hatten zu Wochenbeginn stärker verloren als alle anderen Werte im TecDax.
Am Devisenmarkt gab es hingegen kaum Bewegung: Der Euro lag bei 1,3732 Dollar nach 1,3742 Dollar in New York am Vorabend. Am Rentenmarkt fiel der Bund-Future um 23 Ticks auf 144,53 Zähler.