Nein, sagte Emmanuel Macron, er habe sich nichts vorzuwerfen. Außer vielleicht, dass es nicht gelungen sei, die Gesellschaft von der Notwendigkeit der Rentenreform zu überzeugen. Das mag tatsächlich sein Blick auf die Dinge sein, allerdings ein von Selbstbeweihräucherung getrübter.
Als Frankreichs Präsident am Mittwochmittag im staatlichen Fernsehen sprach, waren im Land mehrere Häfen und Kraftstofflager blockiert, in Paris türmte sich der Müll. In der Nacht hatten sich Demonstranten und Sicherheitskräfte erneut Auseinandersetzungen geliefert. Ein weiterer Tag massiver Streiks stand bevor, und das Vertrauen der Franzosen in die Politik ist auf einem Tiefpunkt.
Man mag über die Notwendigkeit einer Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre denken, was man will. Dass Macron aus Sorge vor einer Abstimmungsniederlage seinen Willen nicht zum ersten Mal unter Umgehung eines Parlamentsvotums und per Sondervollmacht durchdrückte, hat bereits enormen Schaden angerichtet. Nicht nur in Frankreich. Dort schlägt dem 2017 als Erneuerer und Hoffnungsträger angetretenen Präsidenten unverhohlene Wut entgegen, weil er sich erneut als Alleinherrscher geriert.
Das aber ebnet radikalen Kräften mit ihren einfachen Lösungen den Weg. Und wie will Europa Politikern in den eigenen Reihen und darüber hinaus Lektionen über demokratische Institutionen erteilen, wenn man sie auch in Frankreich verhöhnt? Diesen Vorwurf muss sich Macron machen lassen.
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