Ungarn Müssen wir uns nach Orbáns Sieg um Ungarn sorgen?

Der streitbare Premier hat die Parlamentswahlen deutlich gewonnen. Das Ausland rätselt, wie das passieren konnte, was die Folgen sind und wie es mit Viktor Orbán umgehen soll. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

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Viktor Orban hat die Parlamentswahlen in Ungarn gewonnen. Kritiker fürchten, dass er nun weiter seine Macht auszubauen versucht und Oppositionelle gängelt. Quelle: dpa

Ministerpräsident Viktor Orban hat die Parlamentswahl in Ungarn klar gewonnen. Nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen kam sein rechtsnationaler Bund Junger Demokraten (Fidesz) auf 44,4 Prozent der Stimmen, wie die Wahlbehörde in Budapest in der Nacht zum Montag mitteilte. Orban steht damit vor einer dritten Amtszeit. Mit 133 von 199 Sitzen im Parlament würde seine Partei nach den vorläufigen Ergebnissen denkbar knapp wieder eine Zwei-Drittel-Mehrheit erringen. Damit könnte Orban weiter die Verfassung nach Belieben ändern. Fidesz profitierte von einer Änderung des Wahlrechts, die die jeweils relativ stärkste Partei noch stärker begünstigt als bisher. Das Mitte-Links-Bündnis von fünf Parteien, das die Sozialistische Partei (MSZP) anführt, kann mit 25,9 Prozent (38 Mandate) rechnen, die rechtsradikale Jobbik (Die Besseren) mit 20,5 Prozent (23 Mandate). Die Öko-Partei Politik kann anders sein (LMP) übersprang mit 5,2 Prozent knapp die Fünf-Prozent-Hürde und wird voraussichtlich fünf Mandate bekommen. Bei der vorangegangenen Parlamentswahl im Jahr 2010 hatte Fidesz 53 Prozent der Stimmen erhalten, die MSZP 19 Prozent, Jobbik 17 Prozent und die LMP knapp acht Prozent.

Das ist Viktor Orbán

Wie konnte der streitbare Premier die Wahlen so deutlich gewinnen?

Es gibt eine ganze Handvoll Gründe für den Triumph der Fidesz-Partei um Viktor Orbán. Da ist zunächst das veränderte Wahlrecht, das 2014 zum ersten Mal Anwendung fand. Die Regierung senkte die Zahl der Abgeordneten im Parlament (ein Schritt, gegen den man grundsätzlich wenig einzuwenden haben kann). So aber wurde auch eine Neuzuweisung der Wahlkreise nötig. Traditionelle Hochburgen der Linken wurden zusammengelegt, umkämpfte Gebiete zugunsten der Fidesz-Partei erweitert. Konkret heißt das: Hätte Fidesz das gleiche Wahlergebnis wie 2010 eingefahren, lägen nun 79 Prozent der Mandate in der Hand der Konservativen statt 68 Prozent.

Auch die umstrittenen Mediengesetze haben der Regierung sicher geholfen. Kritische Stimmen wurden zum Schweigen gebracht, durch Entlassungen oder Androhungen von Geldstrafen. Kritische Stimmen wurden zum Schweigen gebracht, durch Entlassungen oder Androhungen von Geldstrafen. Zudem gab es umstrittene Neuregelungen zur Parteienwerbung.

Gleichwohl sollten Regierungs-Kritiker anerkennen, dass sich ein Großteil der Bürger für den Premier entschieden hat. Aus freien Stücken und im festen Glauben, mit Orbán gehe es für Ungarn aufwärts. Das Versprechen für eine „strahlende Zukunft“, und der Verweis auf den „Aufschwung weit über dem Schnitt Europas“ und den sinkenden Energiepreisen haben Eindruck hinterlassen. Demgegenüber stand eine Opposition, die zerstritten ist und deren Wahlprogramm aus wenig mehr als einer „Anti-Orbán“-Kampagne bestand.

So ist auch zu erklären, dass die Wahlbeteiligung erneut relativ niedrig war. Keine zwei Drittel der wahlberechtigen Bürger gaben ihre Stimme ab. Die Nichtwähler stärkten indirekt die Fidesz-Partei und ihre begeisterungsfähigen und wahlfreudigen Anhänger.

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