
Ministerpräsident Viktor Orban hat die Parlamentswahl in Ungarn klar gewonnen. Nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen kam sein rechtsnationaler Bund Junger Demokraten (Fidesz) auf 44,4 Prozent der Stimmen, wie die Wahlbehörde in Budapest in der Nacht zum Montag mitteilte. Orban steht damit vor einer dritten Amtszeit. Mit 133 von 199 Sitzen im Parlament würde seine Partei nach den vorläufigen Ergebnissen denkbar knapp wieder eine Zwei-Drittel-Mehrheit erringen. Damit könnte Orban weiter die Verfassung nach Belieben ändern. Fidesz profitierte von einer Änderung des Wahlrechts, die die jeweils relativ stärkste Partei noch stärker begünstigt als bisher. Das Mitte-Links-Bündnis von fünf Parteien, das die Sozialistische Partei (MSZP) anführt, kann mit 25,9 Prozent (38 Mandate) rechnen, die rechtsradikale Jobbik (Die Besseren) mit 20,5 Prozent (23 Mandate). Die Öko-Partei Politik kann anders sein (LMP) übersprang mit 5,2 Prozent knapp die Fünf-Prozent-Hürde und wird voraussichtlich fünf Mandate bekommen. Bei der vorangegangenen Parlamentswahl im Jahr 2010 hatte Fidesz 53 Prozent der Stimmen erhalten, die MSZP 19 Prozent, Jobbik 17 Prozent und die LMP knapp acht Prozent.
Das ist Viktor Orbán
Viktor Orbán, 1963 geboren, wuchs in bescheidenen Verhältnissen in einem Dorf bei Szekesfehervar - 70 Kilometer südwestlich von Budapest - auf. Im ländlichen Umfeld seiner Kindheit galt er als schwer erziehbar.
Als Jurastudent in der Hauptstadt Budapest rebellierte Orbán mit Gleichgesinnten gegen den geistlosen Obrigkeitsstaat im späten Kommunismus. Der Fidesz, den er mitbegründete, war die erste unabhängige Jugendorganisation dieser Zeit.
1998 übernahm Orbán erstmals die Regierungsgeschäfte. Mit 35 Jahren war er damals der jüngste Ministerpräsident der ungarischen Geschichte.
Als Orbán 2002 überraschend die Wahl und damit die Regierungsmacht verlor, wollte er sich damit nicht abfinden. Er ließ seine Anhänger aufmarschieren und reklamierte auf "Wahlbetrug". Die regierende Linke setzte der Oppositionsführer immer wieder mit Straßenkundgebungen und Volksabstimmungen unter Druck.
Die Wahlen im Frühjahr 2010 brachten Orbán die langersehnte Rückkehr an die Macht, noch dazu mit der verfassungsrelevanten Zweidrittelmehrheit für seine Fidesz-Fraktion.
Nach seiner Rückkehr sprach Orbán umgehend von einer "Revolution der Wahlkabinen" und von der Ankunft eines neuen "Systems der nationalen Zusammenarbeit".
Das bedeutete in der Praxis die Aushöhlung demokratischer Institutionen. Kritiker zufolge ordnet Orbán seine ganze Politik seinen Machtbedürfnissen unter. So würden auch die kürzlich verabschiedeten Verfassungsänderungen vor allem dazu dienen, dass Orbán noch mehr schalten und walten kann, wie er will.
Für die nächsten 15 bis 20 Jahre, so erklärte Orbán vor Partei-Intellektuellen, müsse "ein einziges politisches Kraftfeld die Geschicke der Nation bestimmen".
Wie konnte der streitbare Premier die Wahlen so deutlich gewinnen?
Es gibt eine ganze Handvoll Gründe für den Triumph der Fidesz-Partei um Viktor Orbán. Da ist zunächst das veränderte Wahlrecht, das 2014 zum ersten Mal Anwendung fand. Die Regierung senkte die Zahl der Abgeordneten im Parlament (ein Schritt, gegen den man grundsätzlich wenig einzuwenden haben kann). So aber wurde auch eine Neuzuweisung der Wahlkreise nötig. Traditionelle Hochburgen der Linken wurden zusammengelegt, umkämpfte Gebiete zugunsten der Fidesz-Partei erweitert. Konkret heißt das: Hätte Fidesz das gleiche Wahlergebnis wie 2010 eingefahren, lägen nun 79 Prozent der Mandate in der Hand der Konservativen statt 68 Prozent.
Auch die umstrittenen Mediengesetze haben der Regierung sicher geholfen. Kritische Stimmen wurden zum Schweigen gebracht, durch Entlassungen oder Androhungen von Geldstrafen. Kritische Stimmen wurden zum Schweigen gebracht, durch Entlassungen oder Androhungen von Geldstrafen. Zudem gab es umstrittene Neuregelungen zur Parteienwerbung.
Gleichwohl sollten Regierungs-Kritiker anerkennen, dass sich ein Großteil der Bürger für den Premier entschieden hat. Aus freien Stücken und im festen Glauben, mit Orbán gehe es für Ungarn aufwärts. Das Versprechen für eine „strahlende Zukunft“, und der Verweis auf den „Aufschwung weit über dem Schnitt Europas“ und den sinkenden Energiepreisen haben Eindruck hinterlassen. Demgegenüber stand eine Opposition, die zerstritten ist und deren Wahlprogramm aus wenig mehr als einer „Anti-Orbán“-Kampagne bestand.
So ist auch zu erklären, dass die Wahlbeteiligung erneut relativ niedrig war. Keine zwei Drittel der wahlberechtigen Bürger gaben ihre Stimme ab. Die Nichtwähler stärkten indirekt die Fidesz-Partei und ihre begeisterungsfähigen und wahlfreudigen Anhänger.