Kaum weniger markige Worte findet Gerd Häusler für Orbáns Politik. „In Ungarn wird man fast dazu gezwungen, sein Geld zu verschleudern“, sagte der Vorstandschef der BayernLB Ende vergangenen Monats. Häusler, der zum 31. März aus dem Amt schied, musste die massiven Verluste der BayernLB mit ihrer Ungarn-Tochter MKB Bank erklären, insgesamt zwei Milliarden Euro seit 2010. Auch er sprach im Zusammenhang mit Ungarn von „Enteignung“.
Ausländische Banken zahlen in Ungarn eine Sondersteuer, die dafür sorgen soll, dass mittelfristig die Hälfte des Bankensektors in ungarische Hand gerät. Konsequenz der BayernLB: Sie will die MKB Bank verkaufen, auch wenn sie dabei noch nicht einmal den Buchwert erzielt. Die Verhandlungen mit einem potenziellen Investor sind weit fortgeschritten; der Deal könnte in den kommenden Monaten über die Bühne gehen.
Unter Orbáns willkürlichen, oft über Nacht eingeführten Sondersteuern leiden auch deutsche Handelskonzerne wie Lidl und Praktiker, die in Ungarn investiert haben. Bei einer Umfrage der Deutsch-Ungarischen Industrie- und Handelskammer (AHK) unter deutschen Unternehmen im Land zeigten sich 80 Prozent mit der Berechenbarkeit der ungarischen Wirtschaftspolitik unzufrieden. Beklagt werden die häufigen Änderungen der Gesetze und Steuervorschriften und die unzureichenden Übergangsfristen.
20 Milliarden Euro haben deutsche Unternehmen bis heute in Ungarn investiert. Doch derzeit ist mehr als die Hälfte der von der AHK befragten Unternehmen „unzufrieden“ oder „sehr unzufrieden“ mit der Rechtssicherheit (siehe Grafik). Transparenz und Tempo der Gesetzgebung seien nicht mehr nachvollziehbar, klagen die Firmen. Außerdem gebe es immer häufiger Probleme mit der Vereinbarkeit von nationalem Recht und EU-Recht.
Umwahrscheinlich, dass Orbán sich von solcher Kritik beirren lässt. Das passt nicht zu seiner Stilisierung als Kämpfer, der den zehn Millionen Ungarn nach Jahrhunderten der Unterdrückung durch Fremde Freiheit und Stolz zurückgeben will. Wie früher die Herrschaft von Türken, Habsburgern und Kommunisten müsse Ungarn heute den Einfluss ausländischer Multis und westlicher Staaten abschütteln. Für diese schlichte Botschaft feiert die Fidesz-Bewegung Orbán wie einen Messias.