Ungarns Abstimmung über Flüchtlingsquoten Niedrige Wahlbeteiligung macht Referendum ungültig

Zwar unterstützte bei dem Referendum am Sonntag eine überwältigende Mehrheit der Ungarn die Position, gegen verbindliche EU-Aufnahmequoten für Asylbewerber, doch ist die Abstimmung zufolge ungültig.

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Auszählung des ungarischen Referendums zu den EU-Flüchtlingsquoten. Quelle: dpa

Eine überwältigende Mehrheit der Ungarn hat bei einem Referendum über verbindliche EU-Quoten für die Aufnahme von Asylbewerbern die ablehnende Haltung ihrer Regierung unterstützt. Wie offizielle Ergebnisse am Sonntag zeigten, ist die Abstimmung aber aufgrund einer niedrigen Wahlbeteiligung ungültig. Die Regierungspartei sprach von einem großen Sieg, während ein Analyst das Resultat als „peinliche, aber nicht vollkommen katastrophale Niederlage“ für Ministerpräsident Viktor Orban bezeichnete.

Die knapp 8,3 Millionen wahlberechtigten Ungarn sollten konkret über die Frage abstimmen, ob die EU verbindliche Aufnahmequoten für Ungarn vorschreiben kann, selbst wenn das ungarische Parlament dem nicht zustimmt.

Orban hatte argumentiert, dass „Nein“-Stimmen bei dem Referendum der ungarischen Souveränität und Unabhängigkeit zugute kämen. Sollte eine Mehrheit der Wähler die Haltung der Regierung unterstützen, werde das ungarische Parlament ein Gesetz verabschieden, um das Ziel der Volksabstimmung voranzutreiben - unabhängig davon, ob die Wahlbeteiligung für ein gültiges Referendum ausreiche. Der Ministerpräsident erklärte auch, er werde zurücktreten, sollte das „Ja“-Lager gewinnen.

Nach Auszählung von 99,25 Prozent der Stimmen hatten mehr als 3,2 Millionen Wähler - 98,3 Proent der Personen, die gültige Stimmzettel abgaben -, die Regierung bei dem Referendum unterstützt. Doch lag die Wahlbeteiligung bei 43,9 Prozent, wie die ungarische Wahlbehörde mitteilte. Für die Gültigkeit der Abstimmung wären 50 Prozent plus eine Stimme nötig gewesen.

Orbans Fidesz-Partei erklärte unmittelbar nach Schließung der Wahllokale den Sieg. Eigene Prognosen, die auf Wahlnachbefragungen basierten, zeigten, dass 95 Prozent der Wähler die Haltung der Regierung unterstützten, erklärte die Partei - trotz einer erwarteten Wahlbeteiligung von nur 45 Prozent.

Die EU hatte im September 2015 beschlossen, Griechenland und Italien 160.000 Flüchtlinge abzunehmen und auf andere EU-Länder nach einem Schlüssel zu verteilen. Ungarn müsste demnach 1294 Asylsuchende aufnehmen.

nalysten meinten, die unablässige Kampagne der Regierung gegen die Pläne der EU zur Umsiedlung von Flüchtlingen sei für Bürger zu viel gewesen. Zwar sei Orban dazu in der Lage gewesen, „den öffentlichen Diskurs mit einem Thema zu dominieren, bei dem die Mehrheit auf seiner Seite stand“, sagte Tamas Boros von der Firma Policy Solutions. „Doch scheint es, als ob er zu weit gegangen sei und überschätzt habe, wie sehr die Meinungen von Leuten in Stimmen verwandelt werden.“

Orban hatte gehofft, mit dem Referendum den Druck auf Brüssel zu erhöhen. Das ungültige Ergebnis wegen der niedrigen Wahlbeteiligung würde es Orban erschweren, die EU dazu zu bringen, Aufnahmequoten für Flüchtlinge fallen zu lassen.

Für ihre ablehnende Haltung hatte seine Regierung in den vergangenen Wochen unablässig mit einer Kampagne geworben. Darin wurden die Bürger aufgefordert, mit dem Referendum eine „Botschaft an Brüssel“ zu senden. Umfragen zufolge hat die Kampagne, in der Flüchtlinge auch mit Terrorismus in Verbindung gebracht werden, die Fremdenfeindlichkeit in dem Land erhöht.

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