
Der Abschuss von zwei ukrainischen Militärjets über der Ostukraine ist der Regierung in Kiew zufolge „vom Territorium der Russischen Föderation aus“ erfolgt. Die Kampfflieger seien in 5200 Metern Höhe unterwegs gewesen, was zu hoch sei für schultergestützte Raketenwerfer der Separatisten, sagte Andrej Lyssenko vom Nationalen Sicherheitsrat am Mittwoch in Kiew. „Die Maschinen wurden von mächtigen Luftabwehrraketensystemen beschossen - vorläufigen Informationen nach von Raketen vom Territorium der Russischen Föderation aus.“ Die Ukraine hatte bereits in der Vergangenheit erklärt, ihre Militärflugzeuge seien von russischem Territorium aus abgeschossen worden. Moskau hatte dies stets bestritten.
„Das Schicksal der Piloten ist ungeklärt“, sagte der Presseoffizier Alexej Dmitraschkowski in Kiew. Die Aufständischen hatten in den vergangenen Wochen mehrfach ukrainische Militärflugzeuge, darunter auch Kampfjets, abgeschossen. Die USA haben die Separatisten beschuldigt, auch die Boeing der Malaysia Air mit einer Rakete zerstört zu haben.
Seit Wochen kämpft die ukrainische Armee gegen die prorussischen Separatisten, die Teile der Ostukraine kontrollieren. Den Separatisten zufolge wurden am Mittwoch zwei Maschinen vom Typ Suchoi Su-25 getroffen. „Ein Pilot rettete sich bei Sneschnoje per Schleudersitz, die zweite Maschine flog zunächst schwer getroffen Richtung Norden weiter“, sagte ein Sprecher.
Bereits am Vortag habe die „Volkswehr“ zwei Suchoi-Jets abgeschossen, behauptete er. Die Aufständischen benutzen dazu nach eigenen Angaben tragbare Raketenwerfer, die laut Experten aber nur für Treffer in niedrigen Flughöhen geeignet sind.
Fragen und Antworten zum Absturz von MH17
Nein. Der OSZE-Forderung, nichts an der Absturzstelle zu verändern, wurde nach Angaben einer Sprecherin zumindest nicht gänzlich nachgekommen. So seien Gepäckstücke von Flugzeuginsassen fein säuberlich aufgereiht worden. Ein anderer OSZE-Vertreter berichtete, am Samstag seien Leichen von Passagieren des Flugs MH17 von Unbekannten in Plastiksäcke gepackt und an den Straßenrand gebracht worden, ohne dass die OSZE-Experten Erklärungen dafür erhielten.
Nein. Sowohl die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) als auch die ukrainische Regierung haben sich auch am zweiten Tag nach der Katastrophe beschwert, dass die prorussischen Separatisten die Arbeit der Experten massiv behindern, die bereits jetzt vor Ort sind. Die Ermittler können sich nach den Angaben nicht völlig frei bewegen und stehen unter Aufsicht schwer bewaffneter Rebellen. Inzwischen sollen die Aufständischen nach ukrainischen Angaben immerhin einer „Sicherheitszone“ rund um die Absturzstelle zugestimmt haben.
Das ukrainische Innenministerium hat in Charkow für Angehörige und Hinterbliebene der Opfer Hunderte Hotelzimmer reserviert. In der Großstadt stünden auch Übersetzer und Psychologen bereit. Noch ist es nach Angaben der Fluggesellschaft Malaysia Airlines nicht in allen Fällen möglich gewesen, Familienangehörige ausfindig zu machen.
Noch sind längst nicht alle 298 bei dem Absturz getöteten Insassen der malaysischen Passagiermaschine entdeckt worden. Zudem herrschen in dem Gebiet Temperaturen von um die 30 Grad. Nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums wurden die sterblichen Überreste der Passagiere und Besatzungsmitglieder nach Charkow gebracht, weit weg von den Gefechten. In der etwa 300 Kilometer von der Absturzstelle entfernten Stadt werde ein Labor zur Identifizierung eingerichtet, hieß es. Separatisten wiederum kündigten an, die Leichen würden in Mariupol identifiziert.
Das ist noch immer nicht definitiv geklärt. Viele Länder, die Opfer zu beklagen haben, schicken eigene Experten in die Ukraine. Dort ist die Lage aber nach Angaben des Bundeskriminalamtes recht unübersichtlich. Sowohl der genaue Einsatzort als auch die Führung der Mission müssten noch geklärt werden, sagte ein Sprecher. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) schlug in einem Brief an die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) die Einsetzung einer aus mehreren Nationen besetzten Untersuchungskommission vor. Deutschland biete für einen Einsatz unter der Leitung der ICAO die Unterstützung der Experten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung an, sagte Dobrindt „Focus Online“.
Das Gebiet östlich von Donezk, in dem die Trümmer der abgestürzten Maschine liegen, ist riesig. Die Wrackteile sind nach Angaben des ukrainischen Rettungsdienstes über eine Fläche von etwa 25 Quadratkilometern verstreut. Das entspricht in etwa der Größe der ostfriesischen Insel Norderney. Wo die Flugschreiber sind, ist weiterhin nicht definitiv geklärt. Sie könnten in den Händen der Aufständischen sein. Separatistenanführer Alexander Borodaj sagte, die Black Boxes könnten dem Internationalen Roten Kreuz übergeben werden.
Das malaysische Verkehrsflugzeug
Vergangenen Donnerstag war ein malaysisches Verkehrsflugzeug auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur in der Region vermutlich von einer Rakete getroffen worden. Alle 298 Insassen wurden getötet.
Am Mittwoch ist die Überführung der Toten in die Niederlande angelaufen. Eine Transportmaschine der niederländischen Luftwaffe startete am Mittwoch in Charkiw mit 16 Särgen an Bord nach Eindhoven. In einer Kaserne bei Hilversum soll die Identifizierung der Opfer beginnen. Die Flugschreiber der Unglücksmaschine trafen unterdessen zur Auswertung in Großbritannien ein. Rasche Ergebnisse wurden nicht erwartet. Allein das Auslesen der Daten wird nach Angaben des britischen Verkehrsministeriums mindestens 24 Stunden dauern.
Absturzursache weiterhin unklar
Vermutet wird, dass die Maschine am Donnerstag von einer Boden-Luft-Rakete getroffen wurde. Die Rakete wurde nach Darstellung der USA aus von Rebellen kontrolliertem Gebiet abgefeuert. Die prorussischen Separatisten bestreiten aber eine Beteiligung. Nach Einschätzung von US-Geheimdiensten haben Separatisten das Flugzeug versehentlich abgeschossen. In US-Geheimdienstkreisen wurde am Dienstag aber eingeräumt, die USA wüssten nicht, wer genau die Rakete abgefeuert habe.
In der umkämpften ostukrainischen Industriestadt Donezk sind die pro-russischen Separatisten nach Darstellung des ukrainischen Militärs auf dem Rückzug. Die Aufständischen hätten in Scharen Stellungen in den Außenbezirken aufgegeben und sich in das Zentrum der Stadt zurückgezogen, erklärte das Militär. Einwohner berichteten, dass die Separatisten in der Innenstadt Schützengräben vor der Universität ausgehoben hätten. In deren Studentenwohnungen hätten zuletzt die Rebellen gelebt. Schwere Kämpfe wurden den zweiten Tag in Folge auch aus der Region Luhansk gemeldet, der zweiten noch von den Separatisten kontrollierten Stadt. In der Donezk-Region wurden seit Ausbruch der Kämpfe im Frühjahr nach Angaben von Mitarbeitern im Gesundheitswesen 432 Menschen getötet und 1015 verletzt.