Österreichs Grüne wollen angesichts der Ermittlungen gegen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gemeinsam mit der Opposition Alternativen zur konservativ-grünen Regierung suchen. „Wir werden jetzt ausloten, was es für Möglichkeiten gibt“, sagte Grünen-Chef und Vizekanzler Werner Kogler am Freitag vor einem Treffen mit SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner.
„Die Lage ist ernst genug“, sagte Kogler. Er habe daher die Chefs der anderen Parlamentsparteien - die Sozialdemokraten (SPÖ), der rechtspopulistischen FPÖ und den liberalen Neos - zu Einzelgesprächen eingeladen. Für den Nachmittag ist etwa ein Termin mit den Neos anberaumt.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen Kurz und einige seiner engsten Vertrauten wegen des Verdachts der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit. Das Team soll den Aufstieg von Kurz an die Spitze von Partei und Staat seit 2016 durch aus Steuermitteln bezahlte und geschönte Umfragen abgesichert haben. Alle Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe, die am Mittwoch nach einer Razzia im Bundeskanzleramt bekannt geworden waren.
Auch Kurz weist die Vorwürfe zurück und will an dem Bündnis mit den Grünen festhalten. Der Juniorpartner zweifelt allerdings an der Handlungsfähigkeit des Kanzlers. Die ÖVP wiederum hält ihrem Parteiobmann die Stange und will nur in einer Regierung bleiben mit Kurz an der Spitze. Die Opposition fordert geschlossen den Rücktritt von Kurz. Ansonsten werde bei der Sondersitzung des Parlaments am Dienstag ein Misstrauensantrag gegen den Kanzler eingebracht.
Aufgrund der bisherigen Äußerungen gilt es als wahrscheinlich, dass die Grünen als derzeitiger Koalitionspartner der ÖVP dem Sturz von Kurz zustimmen werden. Die Regierungskrise hat auch zu einer ersten Demonstration geführt. Am Donnerstagabend versammelten sich rund 1000 linke Demonstranten vor der ÖVP-Zentrale in Wien und forderten den Rücktritt des Kanzlers.
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