Volksentscheid über kriminelle Ausländer Schweiz stimmt auch über ihr Verhältnis zur EU ab

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Großes Medienecho zur Abstimmung

Es wird eine außergewöhnlich hohe Stimmbeteiligung erwartet. Ein Schweizer Unternehmen für Medienbeobachtung hat ein „rekordverdächtiges“ Medienecho analysiert: Seit dem ersten Februar wurden knapp 24.000 Tweets und knapp 5000 Artikel zu diesem Thema veröffentlicht. Während noch vor ein paar Wochen, vielen Schweizern nicht klar war, worüber sie an diesem Sonntag abstimmen, begann eine fast beispiellose Mobilisierung: Es gab Aufrufe von Professoren und Künstlern, sogar Privatpersonen gingen auf die Straße, um für oder gegen die Initiative zu demonstrieren. Nach der Masseneinwanderungsinitiative von 2013 war auch Kritik aus der Schweiz laut geworden: Damals hatten sich die Schweizer mit knapper Mehrheit für neue Regeln bei der Zuwanderung ausgesprochen und damit auch für eine Kontingentierung und die Bevorzugung von Inländern bei der Stellenvergabe. Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft waren deutlich spürbar.

55 Prozent der Schweizer Exporte gehen zurzeit in die EU. Die Schweiz profitiert von ihren bilateralen Verträgen mit der Europäischen Union, etwa von den Regelungen zur Personenfreizügigkeit oder der Beteiligungsmöglichkeit für Schweizer Wissenschaftler an EU-Forschungsprogrammen. Das Interesse, die Schweiz nicht weiter innerhalb Europas zu isolieren und die Beziehungen zur Europäischen Union nicht zu belasten, ist groß. Die Beziehungen zur Europäischen Union haben sich schon durch die Masseneinwanderungsinitiative deutlich verschlechtert. Obwohl die noch gar nicht umgesetzt wurde. „Sollte sich die neue Initiative durchsetzen, dürften die Beziehungen zur Europäischen Union noch einmal schwieriger werden,“ sagt Astrid Epiney von der Universität Fribourg.

„Längerfristig wird man nicht darum herumkommen, mit Initiativen einen neuen Umgang zu finden“, sagt Demokratieforscher Serdült. „Viele Politikbereiche sind heute stärker international verschränkt, deshalb berühren vermeintlich nationale Initiativen in der Schweiz je länger je mehr auch internationales Recht sowie die bilateralen Verträge mit der EU.  Falls die EU so konstituiert bleibt wie jetzt, werden die Konflikte in der Tat eher zunehmen. Momentan ist die EU jedoch stark mit sich selber beschäftigt und die Schweiz eher ein Nebenschauplatz.“

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