Vollgeld-Initiative Schweizer lehnen revolutionären Wechsel ab

Die Schweizer lehnen die Vollgeld-Initiative ab Quelle: dpa

Laut einer ersten Hochrechnung sprechen sich 74 Prozent gegen den radikalen Vorschlag für ein neues Geldsystem aus. Dieses hätte die Notenbank zur einzigen Quelle für neues Geld gemacht.

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Die Schweizer Bevölkerung hat einen radikalen Vorschlag für ein neues Geldsystem bei einer Abstimmung am Sonntag abgelehnt. Gemäß einer ersten Hochrechnung im Auftrag des Schweizer Fernsehens sprachen sich 74 Prozent gegen die so genannte Vollgeld-Initiative aus. Der Vorschlag hätte die Kreditvergabe der Banken beschränkt und die Notenbank zur einzigen Quelle für neues Geld gemacht. Die Befürworter hatten sich von einem Wechsel ein sichereres Bankensystem versprochen, während die Gegner vor den unabsehbaren Folgen eines weltweit einzigartigen Experiments für den Finanzplatz und die Währung gewarnt hatten.

In der Schweiz wird es - anders als in Deutschland - zudem demnächst ganz legale Online-Casinos geben. Bei der Volksabstimmung sprachen sich mehr als zwei Drittel für den Vorschlag der Regierung aus, Schweizer Casinos Online-Lizenzen auszustellen. Damit soll mehr von dem Zockergeld, das schon heute Online verspielt wird, Schweizer Zwecken zu Gute kommen. Eine von Regierung, Parlament und den meisten Volkswirten abgelehnte Volksinitiative zur Reform des Geldwesens wurde dagegen deutlich abgelehnt. Mit dem Casino-Gesetz will die Regierung verhindern, dass Schweizer weiterhin viel Geld auf ausländischen Online-Portalen ohne Rückfluss in die Schweiz verzocken. Sie sollen ihr Geld nun auf Online-Portalen bestehender Schweizer Casinos einsetzen. Die müssen je nach Größe bis zu 80 Prozent ihrer Gewinne abgeben. Damit werden soziale und humanitäre Projekte gefördert und die Rentenkasse aufgefüllt. Bislang verzockten Schweizer in ausländischen Online-Casinos im Jahr 250 Millionen Franken (229 Millionen Euro), schätzte die Universität Bern.

Gegner der Casino-Vorlage monierten, dass nur Schweizer Casinos eine Lizenz bekommen. Internetseiten von ausländischen Anbietern etwa mit Sitz in Malta oder Gibraltar werden künftig gesperrt. Die Gegner befürchten, dass solche Netzsperren die Tür zu staatlicher Internet-Zensur in anderen Bereichen aufstoßen.

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Den Vorschlag für ein neues Geldsystem hatten indes die Schweizer Regierung, die Notenbank sowie Industrie- und Bankenvertreter abgelehnt. Er hätte auch eine Neugestaltung der Geldpolitik in der Schweiz nach sich gezogen. Mit der Vollgeld-Initiative wollten die Initiatoren Spareinlagen sicherer machen. Banken hätten Kundengelder bei der Nationalbank hinterlegen müssen und hätten selbst durch Kreditvergabe kein neues Geld schöpfen können. Damit sollten alle Kundengelder im Krisenfall sicher sein. So ein System hat kein Land der Welt.

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