Vor dem Zinsentscheid EZB sollte Politik der ruhigen Hand fortsetzen

Die Deflationsangst in der Euro-Zone ist weiterhin groß, auch im März fällt die Inflationsrate mager aus. Doch für eine Panik gibt es keinen Grund, wer die niedrige Teuerung ausschließlich verteufelt, tut ihr Unrecht.

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EZB-Chef Mario Draghi nach dem Eurogruppen-Treffen der Finanzminister am Dienstag in Athen. Quelle: AP

Bisher war Mario Draghi standhaft. Bei den letzten Zinsentscheiden hat sich der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) gegen den zunehmenden Handlungsdruck gewehrt und die Zinsen trotz anhaltender Deflationssorgen nicht weiter gesenkt. Auch von unkonventionellen Geldgeschenken für die Wirtschaft ließ der Italiener bisher die Finger.

Denn zuletzt wiegelte Draghi immer ab, die Angst vor Deflation sei unbegründet. Außerdem fand keines der Steuerungsinstrumente, egal ob eine Zinssenkung oder andere Maßnahmen wie negative Einlagezinsen, eine Mehrheit im Rat der europäischen Zentralbanker. Dennoch dürften die 24 Vertreter am Donnerstag erneut heftig diskutieren und um weitere geldpolitische Wege der EZB ringen.   

Der Grund: Der Deflationsgeist der Euro-Zone hat seinen Weg raus aus der Flasche zuletzt weiter fortgesetzt. Im März lag die Teuerungsrate im Währungsgebiet nur noch bei 0,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das ist der niedrigste Wert seit November 2009. Angesichts dieser Zahlen verhärten sich die Fronten zwischen den Deflations-Optimisten und den Deflations-Pessimisten immer mehr. Die einen gehen fest davon aus, dass es in Europa nicht zu großräumig fallenden Preisen kommen wird. Die anderen sehen die Deflationsgefahr als etwas sehr reales an. Mario Draghi selber sollte sich von dem Gepolter nicht beeinflussen lassen und seine jüngste Politik der ruhigen Hand fortsetzen.

Denn einiges spricht gegen vorschnellen Aktionismus der Währungshüter. Zunächst die nackten Fakten. Hauptgrund für die niedrige Inflationsrate im Euro-Raum sind die gesunkenen Energiepreise. Durch den milden Winter sind die Preise vergleichsweise niedrig. Die Kerninflationsrate, bei deren Messung die Energie- und Lebensmittelpreise herausgerechnet werden, sieht mit 0,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr wenigstens etwas besser aus. Auch Draghi selber erinnert immer wieder daran, dass die niedrigen Inflationsraten in der Euro-Zone vor allem eine Folge saisonaler Effekte seien. Die Zentralbank erwartet eine längere Phase mit niedriger Preissteigerung, aber keine Deflation. Beobachter gehen davon aus, dass sich der Energiepreis-Effekt in den kommenden Monaten abschwächen wird.

Steigende Aussichten

In ihren langfristigen Inflationsprognosen, die die Volkswirte der EZB Anfang März vorstellten, rechnen die Zentralbanker für dieses Jahr mit einer Inflationsrate von rund einem Prozent. Im kommenden Jahr sollen es aber bereits 1,3 Prozent sein, 2016 dann 1,5 Prozent. „Im letzten Quartal 2016 liegen die Prognosen bei 1,7 Prozent“, betonte Draghi nach dem letzten Zinsentscheid Anfang März. Das ist nahe am Ziel der Preisstabilität der EZB, welches bei Raten von knapp unter zwei Prozent liegt.  

Hinzu kommt, dass die jüngsten März-Daten in diesem Jahr etwas verzerrt sein könnten. Denn im vergangenen Jahr wurde das Osterfest schon im März gefeiert. Dieses Mal ist es erst im April an der Reihe, traditionell steigen dann die Preise für Hotels, Flüge, Benzin und andere Osterüberraschungen. Auch EZB-Vizepräsident Vitor Constancio erklärte am Dienstag, die Teuerung werde im April wieder höher ausfallen.

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