
„Da ist bisher bei weitem nicht genug passiert“, sagte Syriza-Wirtschaftsberater Yiannis Milios im Interview mit der WirtschaftsWoche. „Es gibt eine Liste mit 24.000 Personen, die in der Krise Summen von mehr als 100.000 Euro am Fiskus vorbei aus dem Land geschaffen haben. In einem Zeitraum von zwei Jahren hat die Regierung nur 407 Fälle untersucht. Würde man alle Fälle verfolgen, könnte der Staat mehr als vier Milliarden Euro einnehmen.“
Privatsender bezahlen nach Milios’ Worten seit 1990 nichts für die Benutzung öffentlicher Frequenzen, weil die Lizenzen vorläufig seien: „Die Armen werden übertrieben besteuert und am anderen Ende des Einkommensspektrums zahlen Menschen nichts.“
Griechenlands Schwächen
Griechenlands Ruf hat in der Euro-Krise arg gelitten. Nur zwei der 60 getesteten Staaten haben ein schlechteres Image als der Pleitestaat. Die Folge: Investoren meiden das Land, die Kreditwürdigkeit ist mies.
Nur 5,7 Prozent der gefragten Experten bescheinigten Griechenland, eine kompetente Regierung zu haben. In der Tat hat es Athen nicht geschafft, die Arbeitslosigkeit zu bekämpfen (Rang 60), für Wachstum zu sorgen (Rang 60) und die öffentlichen Finanzen auf Vordermann zu bringen.
Auch bei der Bildung und Weiterbildung der Bürger hat Griechenland großen Nachholbedarf. Fortbildung von Angestellten gibt es quasi nicht (Platz 58), auch die Qualität der Universitäten ist schlecht (Rang 51). Demzufolge gibt es auch wenige Forscher und Wissenschaftler (Rang 49). Besser schneidet der Krisenstaat bei der Frühförderung ab: Es gibt eine Vielzahl von Lehrern, die Klassen sind sehr klein (Rang 2).
Zugleich bekräftige Milios im Falle eines Wahlsieges die Forderung nach einem Schuldenschnitt. „Wir wollen, dass mehr als die Hälfte der Schulden erlassen werden“, so Milios. „Der Rest soll mit einer Wachstumsklausel zurückgezahlt werden. Bei sehr niedrigem Wachstum setzt automatisch ein Moratorium ein. Wir sind bereit, andere Optionen zu verhandeln. Der Hauptpunkt ist, dass der Schuldendienst nicht als Austeritätsfalle wirken darf.“
Dabei setzt der griechische Berater ganz besonders auf die Zustimmung Deutschlands. „Wir erinnern unsere deutschen Freunde, dass sich Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg in einer ähnlichen Situation befand. 1953 war Griechenland eines der Länder, das einem Schuldenschnitt von beinahe 60 Prozent zugestimmt hat“, so Milios. „Für den Rest galt damals eine Exportklausel. Nur wenn Deutschland ausreichend exportierte, wurden die Schulden zurückgezahlt. Wir wollen Ähnliches.“