
Die EU-Kommission hat entgegen anderslautender Medienberichte keine Pläne, Deutschland wegen des Gesetzentwurfs zur Vorratsdatenspeicherung zu verklagen. Es sei eine nationale Entscheidung, ob ein EU-Staat Vorgaben für die Speicherung von Telekommunikationsdaten der Bürger erlasse, teilte die EU-Behörde mit: „Wir sind weder gegen noch für die Einführung nationaler Gesetze für die Vorratsdatenspeicherung.“
Nach Ansicht der EU-Kommission handelt es sich um ein sehr heikles, häufig ideologisch diskutiertes Thema. Die EU-Kommission wolle sich in diese Debatten nicht verwickeln lassen: „Die Europäische Kommission ist nicht bereit, dieses Spiel mitzuspielen.“
Vorratsdatenspeicherung – seit Jahren ein Zankapfel
Telekommunikationsunternehmen in Europa sollen bestimmte Daten von Bürgern auf Vorrat speichern – für den Fall, dass Terrorfahnder oder Polizei sie später einmal brauchen. Basis dafür ist eine EU-Richtlinie (2006/24/EG). Sie verpflichtet die Mitglieder, dafür zu sorgen, dass Telekom-Unternehmen ohne Anfangsverdacht oder konkrete Gefahr Verbindungsdaten von Privatleuten über Telefonate und E-Mails festhalten. Gesprächsinhalte sind nicht betroffen.
In Deutschland ist die Vorratsdatenspeicherung gesetzlich noch nicht geregelt. Zwar trat im Januar 2008 ein Gesetz in Kraft, das die Speicherung der Verbindungsdaten von Telefon oder Internet für sechs Monate vorsah. Im März 2010 erklärte das Bundesverfassungsgericht die Regelung allerdings für verfassungswidrig – bis dahin gesammelte Daten mussten gelöscht werden. Die EU-Richtlinie selbst stellten die Richter nicht infrage, sie sprachen sich für eine Neufassung des deutschen Gesetzes aus.
In der schwarz-gelben Koalition (2009-2013) sperrte sich die FDP gegen die Vorratsdatenspeicherung - allen voran die damalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Vehement plädierte sie dafür, vor einer Wiedereinführung die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die EU-Richtlinie abzuwarten.
Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es nun: „Wir werden die EU-Richtlinie (...) umsetzen. (...) Dabei soll ein Zugriff auf die gespeicherten Daten nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen. (...) Auf EU-Ebene werden wir auf eine Verkürzung der Speicherfrist auf drei Monate hinwirken.“
In jedem Fall werde die EU-Kommission keine neue Initiative für europäische Regeln zur Vorratsdatenspeicherung vorschlagen. 2014 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) das EU-Gesetz von 2006 verworfen.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, im Kampf gegen Kriminalität die Daten von Telefonaten zu speichern, um ermitteln zu können, wer wann und wo mit wem telefoniert hat. Gesprächsinhalte sollen nicht aufgezeichnet werden.