Währungsunion Wie sich der IWF aus der Griechenland-Rettung verabschiedet

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Berlin will Ärger vermeiden und macht mit

Damit schwebt die Frage, welche Rolle der IWF überhaupt weiterhin in der Griechenlandrettung spielen wird. Bislang hat der IWF noch nicht entschieden, ob er an einem dritten Hilfsprogramm für Griechenland teilnehmen wird. Darauf hatten vor allem die USA im Hintergrund immer wieder gedrungen. Nun aber ist Lagardes Brief ein Indiz, dass es auch anders kommen könnte. Offenbar stimmen sich einige Euro-Strategen darauf bereits ein. So hält der slowakische Finanzminister Kažimir eine beratende Rolle des IWF beim aktuellen Hilfsprogramm für ausreichend. Schäuble zeigte sich im Vorfeld des G7-Gipfels in Japan überzeugt, dass sich der IWF an dem dritten Rettungspaket für Griechenland beteiligen wird. „Ohne IWF wäre es kein vernünftiges Ergebnis.“ Ob er damit auch ein finanzielles Engagement meinte, ließ Schäuble offen.

Der Chef des Europäischen Rettungsfonds ESM, Klaus Regling, hat einen Vorschlag unterbreitet, der die Rolle des IWF weiter reduzieren würde. Zum Ende des laufenden Hilfsprogramms, 2018, soll demnach der ESM die Kredite des IWF übernehmen. Das Kalkül: Griechenland müsste nur noch niedrigere Zinsen zahlen. Der IWF verlangt für seine Kredite vier bis fünf Prozent Zinsen, der ESM dagegen nur 0,8 Prozent.

Für einen Teil der Geldgeber liegt es auf der Hand, die teuren IWF-Kredite durch günstige europäische abzulösen. „Beim ESM liegt Geld herum, das keiner braucht“, sagt ein Beamter. Konkret fiel die Bankenrettung knapp 20 Milliarden Euro günstiger als erwartet aus, wodurch Mittel im Griechenlandprogramm unbenutzt blieben. Die Experten des ESM haben schon einmal durchgerechnet, wie sich die Verlagerung der Kredite auf den Schuldenstand Griechenlands (relativ zum Bruttoinlandsprodukt) auswirken würde: Im Jahr 2040 sänke er um zwei Prozentpunkte auf 91,8 Prozent.

Und die Bundesregierung? Vor Kurzem noch fand das Bundesfinanzministerium eine Verlagerung von IWF-Krediten auf den ESM „abenteuerlich“, doch Schäuble will Griechenlands Schuldenproblem eben möglichst geräuschlos lösen, vor allem aber ohne eine erneute Zustimmung des Bundestags. In Brüssel gehen Experten davon aus, die Umschichtung sei ohne Plazet der nationalen Parlamente zu machen. Mittlerweile könnte sich Berlin eine solche Option also durchaus vorstellen. Kaufen die Europäer den IWF aus, bliebe die Washingtoner Behörde nur beratend mit am Tisch – nicht mehr in der Rolle als Gläubiger und Mahner. Es wäre ein schleichender Abschied.

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