Sarkozy kannl gegen Hollande nicht punkten
Vergleicht man das Fernsehduell zwischen Nicolas Sarkozy und François Hollande mit einem Fußballspiel, dann hätte die Ausgangslage so ausgesehen: Die blaue Mannschaft (Sarkozy) muss unbedingt Punkte machen, um noch eine Chance auf die Meisterschaft zu haben. Die rote Mannschaft (Hollande) führt in der Tabelle, ist aber eigentlich das schwächere Team. Die Blauen rechnen also mit einer defensiven Taktik des Gegners und wollen auf Offensive spielen. Aber schon nach 15 Minuten wird klar: Die Roten sind überlegen und spielen die Blauen mit einer Angriffswelle nach der anderen an die Wand. Am Ende beweisen die Roten, dass sie zurecht die Meisterschaft gewonnen haben.
Genauso verlief das Fernsehduell am gestrigen Abend, das von neun Uhr bis kurz vor Mitternacht dauerte und mehr als zwanzig Millionen Zuschauer hatte. In das Gipfeltreffen startete der amtierende Präsident Sarkozy als Favorit. Er gilt als überzeugender Redner mit exzellenten rhetorischen Fähigkeiten. Gleichzeitig war es wohl seine letzte Chance, noch einmal Boden in den Umfragen gut zu machen. Denn bei der Wahl am Sonntag wollen zwischen 53 und 55 Prozent der Franzosen seinem Gegner François Hollande ihre Stimme geben. Der wiederum brillierte in diesem Wahlkampf weniger mit mitreißenden Reden, als damit, dass er keine Fehler macht. Die Taktik des Sozialisten: Vorsicht und Zurückhaltung. Hollande vertraute bisher darauf, dass die Abneigung der Franzosen gegen Sarkozy groß genug ist, um ihn aus dem Amt zu jagen.
Sarkozy im Hintertreffen
Umso überraschender war es deshalb, dass Sarkozy im Laufe des Duells immer mehr ins Hintertreffen geriet. Hollande zeigte dabei eine Eigenschaft, die die Franzosen ihm bisher nicht zutrauten: Aggressivität. Er unterbrach Sarkozy, gab ihm bei jeder Gelegenheit Kontra und behielt bei fast jedem Schlagabtausch das letzte Wort. Dabei blieb er ruhig und konzentriert. Im Gegensatz zu Sarkozy. Dessen wilde Mimik – das Zucken der Mundwinkel, das Hochziehen der Augenbrauen, das Wackeln des Oberkörpers – wirkte aufgebracht und wenig souverän. Der amtierende Präsident, dem viele Beobachter ein untrügliches politisches Gespür nachsagen, schien seinen Gegner schlicht unterschätzt zu haben.
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Es war dann auch der Unterschied in der Haltung, der den Erkenntniswert des Abends ausmachte. Denn thematisch war außer den Vorschlägen und Parolen, die seit Wochen auf beiden Seiten die Wahlkampfauftritte bestimmen, nichts Neues zu hören. Hollande postulierte einmal mehr, dass er die Gesellschaft gerechter machen wolle, indem er Sarkozys Renten- und Mehrwertsteuerreform in Teilen zurücknehme. Der Präsident versprach derweil, dass er die angefangenen Reformen weiter führen wolle.