
Es ist ein neues Selbstvertrauen, dass man in diesen Tagen beim französischen Präsidenten spürt. Aber nicht bei Nicolas Sarkozy, dem Mann, der dieses Amt offiziell noch immer besetzt. Nein, das Selbstvertrauen zeigt sich bei seinem sozialistischen Herausforderer François Hollande. Wer dessen Auftritte seit dem ersten Wahlgang am 22. April verfolgt hat, bekommt den Eindruck, der Mann stünde schon mit einem Bein im Élysée. In einigen Momenten vielleicht auch schon mit zweien.
Die Anzeichen: Eine quasi präsidiale Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch vor rund 350 Journalisten; dann die Festlegung auf das künftige Verkehrsmittel des Staatsoberhauptes und das Wichtigste: Seine Konfrontationshaltung im Bezug auf die deutsche Europapolitik.
Aber der Reihe nach. Hat Hollande wirklich schon gewonnen, obwohl erst am 6. Mai gewählt wird? Es scheint so. Denn mit einem Umfragevorsprung von acht Prozentpunkten, ist ihm der Sieg kaum noch zu nehmen. Hinzu kommt, dass sich in den Ergebnissen der Befragungen seit Wochen kaum etwas geändert hat.
Hollande braucht die Stimmen der Rechten
Die Wahlkampfszenen in diesen Tagen wirken deshalb beinahe absurd. Auf der einen Seite der hyperaktive Sarkozy, der mit allen Mitteln versucht, doch noch an seinem Wiedersacher vorbeizuziehen. Neuerdings sogar, indem er Marine Le Pen, die Vorsitzende des stramm rechten, teils extremistischen Front National (FN) „als kompatibel mit den Werten der Republik“ bezeichnet. Sie hatte im ersten Wahlgang mit 18 Prozent ein Rekordergebnis für den FN eingefahren.
Auf der anderen Seite: ein beinahe ausgeruhter Monsieur Hollande. Unaufgeregt ist er, ruhig und unprätentiös wie schon die ganzen letzten Monate, als er von einer Ecke des Landes zur anderen pilgerte und um Stimmen warb.
Dabei gleicht Hollande einem Marathonläufer, der weiß, dass ihm der Sieg nur noch zu nehmen ist, wenn er stolpert und sich verletzt. Deshalb agiert er mit höchster Vorsicht. Denn auch er wirbt mittlerweile um die Wähler von Le Pen. Hollande weiß: Um das Projekt Élysée am 6. Mai ganz sicher zu machen, braucht er ein paar Stimmen der Rechten - für den Sozialisten ein politischer Drahtseilakt, bei dem er mehr verlieren als gewinnen könnte. Denn für die extreme Linke der Kommunisten, die ihn im zweiten Wahlgang unterstützen will, ist der FN eine faschistische Partei, die mit allen Mitteln bekämpft werden muss.