
Der Zeitpunkt hat viele in Europa überrascht. Kaum jemand hatte damit gerechnet, dass die Bundesregierung noch vor der Bundestagswahl zugeben würde, dass Griechenland weitere Unterstützung braucht, wie Finanzminister Wolfgang Schäuble das am Dienstag getan hat. Berlin hatte auf entsprechende Hinweise von Bundesbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) bisher so vage reagiert, dass man in anderen europäischen Hauptstädten damit rechnete, dass diese Taktik bis zum Wahltag anhalten würde.





Wer Schäuble in den vergangenen Monaten genau zugehört hatte, für den kam der - wahltaktisch wahrscheinlich geschickte - Vorstoß doch nicht so unerwartet.
Der Finanzminister hatte in der Vergangenheit immer wieder betont, dass Griechenland mit neuen Zugeständnissen rechnen könne, wenn es einen Primärüberschuss erziele. Vergangene Woche hatte das griechische Finanzministerium bekannt gegeben, dass das Land in den ersten sieben Monaten des Jahres abzüglich der Zinszahlungen erstmals einen Haushaltsüberschuss verzeichne und auf gutem Wege sei, dies auch für das Gesamtjahr zu erreichen. Damit war eine Voraussetzung erfüllt, die Schäuble seit langer Zeit einfordert.
Die griechische Regierung hält die Haushaltssanierung für den Beweis, dass sie Fortschritte macht. Jörg Asmussen, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), ist am Mittwoch nach Athen gereist, um sich dort ein Bild von der aktuellen Entwicklung zu machen. Dabei wird er allerdings feststellen, dass die Probleme immer noch groß sind. Und dass sich der weitere Hilfsbedarf Griechenlands nur schwer beziffern lässt. Fest steht: Es wird sich um weitere Milliarden handeln.
Gleich mehrere Faktoren machen weitere Zahlungen an Griechenland notwendig. Aus dem aktuellen, dem zweiten Hilfsprogramm fließt das Geld schneller ab, als geplant. Einerseits hat die Troika in ihren Vorhersagen die Rezession und ihre Folgen unterschätzt. Gleichzeitig haben EZB, EU-Kommission und der IWF die Einnahmen aus Privatisierungen systematisch überschätzt. Es ist also höchstwahrscheinlich, dass die 22 Milliarden die nach bisheriger Planung bis Ende 2014 fließen sollen, nicht ausreichen werden. kann. Die nächste Troika-Mission Ende September wird herausfinden, viele Milliarden fehlen.