Ganz besonders lohnt der Blick nach Frankreich – heißt es doch, in Paris entscheide sich das Schicksal der Euro-Zone. In der Tat dürfte die Währungsunion vor neuen Turbulenzen stehen, sollte sich Frankreich, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone, nicht stabilisieren. Politisch droht nach den Europawahlen Ungemach. Sollte der rechtsextreme „Front National“ gewinnen, so wie es die Prognosen zeigen, könnte sich die Amtszeit von Präsident Francois Hollande dem Ende entgegen neigen – und Euro-Kritiker an den Schalthebeln der Macht sitzen. Auch wirtschaftlich sind die Aussichten trübe. Dass Frankreichs Wirtschaft zu Jahresbeginn nicht gewachsen ist und die Arbeitslosenzahlen erschreckend hoch sind, ist bekannt. Die IMD-Studie zeigt nun aber auch, dass sich daran perspektivisch nicht viel ändern wird. Frankreich machte im Vergleich zum Vorjahr lediglich einen Platz gut und liegt im internationalen Vergleich bei der Wettbewerbsfähigkeit auf Rang 27, zwischen Island (Rang 25) und Thailand (Rang 29).
Woran Frankreich krankt
In Frankreich sticht die ungünstige Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit hervor. Auch deshalb ist der Weltmarktanteil des Exportsektors des Landes deutlich gesunken; die Leistungsbilanz hat sich seit Beginn der Währungsunion kontinuierlich verschlechtert– von einem Überschuss von 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu einem Defizit von zuletzt etwa 2 Prozent. Im Durchschnitt der zurückliegenden drei Jahre hat Frankreich damit das höchste Leistungsbilanzdefizit aller Kernländer aufgewiesen. Im „Global Competitiveness Report 2012-2013“ belegt Frankreich damit nur Rang 21 von insgesamt 144 Ländern. Im Jahr 2010 wurde es mit Rang 15 noch deutlich besser bewertet.
Quelle: Frühjahrsgutachten der führenden deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute; Commerzbank
Die Lohnstückkosten sind seit 1999 um 30 Prozent gestiegen. Die Lage heute: Während eine Arbeitsstunde deutsche Arbeitgeber 30,40 Euro kostet, fallen westlich des Rheins 34,20 Euro an. Typisch für den Niedergang sind die Autobauer. „Hier verdichten sich die Probleme Frankreichs“, sagt Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Das Land produziere 40 Prozent weniger Kraftfahrzeuge als 2005, Deutschland dagegen 15 Prozent mehr.
Die wirtschaftliche Entwicklung lässt kaum eine deutliche Reduzierung der Arbeitslosigkeit und der öffentlichen Verschuldung erwarten. Die Arbeitslosigkeit dürfte auf einem hohen Niveau jenseits von 10 Prozent verharren.
Noch wird die Schuldentragfähigkeit von den Anlegern nicht in Frage gestellt. Die öffentliche Verschuldung Frankreichs hat sich aber seit der Großen Rezession deutlich erhöht. Zwischen 2008 und 2012 stieg die Schuldenstandsquote um rund 25 Prozentpunkte auf über 90 Prozent. Im Jahr 2013 lag die Defizitquote mit 4,3 Prozent weiterhin deutlich über den Maastricht-Kriterien. Und auch für das Jahr 2014 wird eine diesen Wert überschreitende Quote erwartet. Damit steigt die öffentliche Verschuldung weiter.
Die private Verschuldung ist in Frankreich weniger stark gestiegen und liegt auf einem deutlich geringeren Niveau als z. B. in Irland, Spanien und Portugal. Dennoch ist Frankreich das einzige der ausgewählten Länder, in dem die private Verschuldung auch seit 2009 noch merklich zunimmt.
In Zahlen ausgedrückt liest sich das französische Zeugnis so: Bei der Steuerpolitik liegt Frankreich auf dem 60. und letzten Rang. Der Arbeitsmarkt ist viel zu unflexibel – Rang 21, und die Einstellung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist ungenügend. Insgesamt ist Frankreich zu wenig international vernetzt, viel zu teuer – und schlicht höchstens mittelprächtig konkurrenzfähig.
Nicht besser ist die Lage in Spanien – der viergrößten Wirtschaft im Euro-Raum und ebenfalls „too big to fail“, also zu groß, um von der Gemeinschaft im Notfall vor der Pleite bewahrt zu werden. Zwar machten die Iberer sechs Plätze im Vergleich zum Vorjahr gut, doch noch immer rangiert der Fußball-Weltmeister im unteren Mittelfeld. Spanien liegt auf Rang 39 im IMD-Ranking, einen Platz vor der Türkei und einen Platz hinter Russland.
„Spanien hat ähnlich wie Irland Fortschritte gemacht. Dort sind die Lohnkosten gesunken und die Exporte florieren. Auch wenn die Arbeitslosigkeit noch hoch ist, sind diese Länder doch auf einem guten Weg“, zeigt sich Studienleiter Bris optimistisch.
Doch bis die Reformen ihre volle Wirkung erzielen, dauert es noch. Derzeit ist die Lage in Spanien ähnlich trist wie in Frankreich: Die Beschäftigungssituation ist desaströs (Rang 59), um die öffentlichen Finanzen ist es schlecht bestellt (Rang 56) und die Fiskalpolitik ist leistungshemmend (Rang 49). In keinen der 20 Vergleichskategorien schneidet Spanien besser ab als Rang 17.