Wirtschaft im Weitwinkel

Nach der ersten Billion kommt die zweite

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Höhere Kapitalanforderungen

Eine Erklärung für die verhaltene Kreditdynamik liegt in einer grundsätzlichen Zurückhaltung der Banken. So kämpfen in Folge der Wirtschaftskrise insbesondere südeuropäische Banken mit einer Vielzahl an faulen Krediten. Verschärfend kommt hinzu, dass von Seiten der Bankaufsicht die Anforderungen an die Geldinstitute zuletzt deutlich gestiegen sind. Die höheren Kapitalanforderungen könnten eine mögliche weitere Erklärung für die Zurückhaltung der Geschäftsbanken bei der Kreditvergabe sein.

Diese Firmen holt sich Draghi ins Depot
Mario Draghi Quelle: dpa
Ein USB-Stick von Teléfonica Quelle: dpa
Das Logo der italienischen Versicherung Generali Quelle: dpa
Telecom Italia Quelle: dpa
Dosen von Budweiser Quelle: dpa
RWE Quelle: dpa
Ein Schlüssel des Autoherstellers Renault Quelle: dpa

Demgegenüber deutet eine Umfrage der EZB unter klein- und mittelständischen Unternehmen nicht darauf hin, dass es auf gesamteuropäischer Ebene einen Engpass an Unternehmenskrediten gibt. So betrachten die befragten Firmen den Zugang zu Kreditmitteln derzeit als ihre geringste Herausforderung. Vielmehr bereitet den Unternehmen vor allem das Neukundengeschäft Kopfzerbrechen. Angesichts der verhaltenen konjunkturellen Dynamik und bestehender Unterauslastungen ihrer Kapazitäten halten sich die Unternehmen generell mit Neuinvestitionen zurück.

Dies nährt grundsätzliche Zweifel am eingeschlagenen Kurs der Notenbank. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass damit einhergehende Risiken grundsätzlich zunehmen. So macht das Niedrigzinsumfeld den Geschäftsbanken zusehends zu schaffen. Darüber hinaus fördert das billige EZB-Geld Fehlinvestitionen und Übertreibungen in einzelnen Vermögensgütern.

Geldpolitik der EZB: Entlastungen durch Niedrigzinsen

Dennoch liefern die europäischen Währungshüter derzeit keine Hinweise, tiefgreifende Kurskorrekturen vornehmen zu wollen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die EZB zur September-Sitzung am Donnerstag auf ein Mehr der gleichen Medizin setzt und den geldpolitischen Stimulus über eine Verlängerung der Anleihekäufe nochmals erhöht. Es ist nicht davon auszugehen, dass die EZB ein Enddatum kommunizieren wird. Vielmehr dürfte über den Fortgang des Ankaufprogrammes entschieden werden.

Um die Durchführbarkeit des Programms zu ermöglichen, müssen die Währungshüter zudem Regelungen beschließen, die sicherstellen, dass über das bisherige Programmende hinaus ausreichend Wertpapiere - insbesondere finnische, portugiesische und deutsche Staatsanleihen - gekauft werden können. Eine Stellschraube wäre hier unter anderem eine weitere Senkung des Einlagensatzes. Doch angesichts der negativen Auswirkungen auf den Bankensektor, scheinen die Vorbehalte innerhalb der EZB gegenüber einem solchen Schritt zugenommen zu haben.

Welche Länder welche Kontogebühren kassieren
EZB Quelle: dpa
frankreich, negativzins Quelle: REUTERS
dänemark, negativzins Quelle: dpa
Italien, negativzins Quelle: dpa
Großbritannien, Negativzins Quelle: dpa
Schweiz, Negativzins Quelle: dpa
Spanien, Negativzinsen Quelle: REUTERS

Weitere Handlungsoptionen wären der Verzicht auf eine Renditeuntergrenze für einzelne Anleihekäufe, die Anpassung des Ankaufschlüssels zugunsten von Ländern mit hoher Staatsschuld oder eine Anhebung des Emissionslimits. Letztere Option würde auf den geringsten Widerstand unter den Kritikern führen, aber auch nur einige zusätzliche Zeit verschaffen. Das längerfristige Funktionieren des APP hängt also weiterhin davon, ob die Inflation und damit die Renditen zulegen und so das ankaufbare Universum wieder expandiert. Trotzdem hat die EZB in der Vergangenheit auch immer wieder mit unerwarteten Lösungsansätzen überrascht.

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