Wirtschaft im Weitwinkel

Nach der ersten Billion kommt die zweite

Die EZB hat mittlerweile Anleihen für eine Billion Euro gekauft. Damit ist allerdings noch lange nicht Schluss, das Anleihekaufprogramm dürfte verlängert werden - ohne Änderungen geht das aber nicht.

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Europäischen Zentralbank (EZB) Quelle: dpa

Die Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank (EZB) im Rahmen ihres im März vergangenen Jahres gestarteten Asset Purchase Programm (APP) summieren sich inzwischen auf über eine Billion Euro. Setzt die Notenbank dieses Kaufprogramm so fort, addieren sich zu dieser Summe bis März nächsten Jahres nochmals 560 Milliarden Euro. Die Flut an Zentralbankliquidität könnte in den kommenden Monaten aber auch noch größer ausfallen.

Im Dezember 2015, nur wenige Monate nach dem Start des Programms, haben die Notenbank-Oberen bereits entschieden, die Laufzeit ihres Programms von September dieses Jahres bis zumindest März nächsten Jahres zu verlängern. Im Verlauf der Monate haben die Währungshüter dann das Spektrum ankaufbarer Wertpapiere immer weiter vergrößert.

Standen zunächst vor allem Staatsanleihen im Fokus wurde im Dezember beschlossen auch die Wertpapiere von Kommunen und Regionen einzubeziehen. Im März dieses Jahres hat die EZB dann den geldpolitischen Stimulus nochmals erhöht und entschieden, die monatlichen Anleihekäufe um 20 auf dann 80 Milliarden Euro aufzustocken. Zudem wurde das Spektrum ankaufbarer Anleihen um Anleihen von Unternehmen (ohne Banken) erweitert.

Stefan Bielmeier Quelle: Presse

In Anbetracht dessen, dass die Währungshüter stets die Flexibilität des Ankaufprogrammes betonten, sind weitere Änderungen der Rahmenbedingungen in den kommenden Monaten vorstellbar. Für die EZB ist entscheidend, inwieweit sie die bisherigen geldpolitischen Maßnahmen für ausreichend erachtet, um das Inflationsziel von rund zwei Prozent mittelfristig zu erreichen.

Nimmt man die Inflationsentwicklung als Gradmesser für den Erfolg der bisherigen Maßnahmen, kann der Notenbank bislang kein gutes Zeugnis ausgestellt werden. Die Teuerungsrate verharrt mit 0,2 Prozent nach wie vor auf viel zu niedrigem Niveau. Zwar ist angesichts der gestiegenen Energiepreise in den kommenden Monaten mit anziehenden Inflationsraten zu rechnen, doch wird der Abstand zum Zielwert weiter beträchtlich bleiben.

So manipulieren Notenbanken den Markt

Andererseits haben sich die Finanzierungsbedingungen in der Eurozone in den zurückliegenden Monaten verbessert. Die Renditen zehnjähriger Staatspapiere der bedeutendsten Eurozonen-Länder haben sich rückläufig entwickelt. Ebenso erfolgreich waren die EZB-Maßnahmen im Hinblick auf die Entwicklung der Konditionen für Unternehmenskredite. Der EZB-Zinsstatistik zufolge haben sich diese in den letzten Monaten von etwa 2,37 Prozent auf derzeit 1,90 Prozent verbilligt. Im längerfristigen Vergleich betrachtet liegen die Kreditkonditionen gegenwärtig auf dem niedrigsten Niveau seit dem Beginn der EZB-Erhebung im Jahr 2003.

Diese Anleihen rentieren unter Null
Top 15: Daimler AGDie EZB startete den Ankauf von Firmenbonds in der vergangenen Woche und sammelte an einem einzigen Tag Titel im Volumen von 348 Millionen Euro ein. Daneben kaufen die Währungshüter Staatsanleihen im Volumen von inzwischen 80 Milliarden Euro monatlich. Dies drückt unter anderem die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe erstmals unter die Marke von null Prozent. Bei kürzeren Laufzeiten gehören Negativzinsen bereits zum Alltag. Daimler verzinst seine bis zum 27. Juni 2018 ausgegebene Anleihe mit 2,125 Prozent. Die Rendite beträgt bei einem Gesamtvolumen der Anleihe von 935.617.500 Dollar minus 0,1049266 Prozent. Quelle: dpa
Top 14: Cooperatieve Rabobank UADas Gesamtvolumen europäischer Unternehmensanleihen mit dem Gütesiegel Investment Grade, die grundsätzlich von der Europäischen Zentralbank (EZB) aufgekauft werden können, liegt aktuell bei 2,8 Billionen Euro. Das entspricht in etwa der jährlichen Wirtschaftsleistung Frankreichs. Auf platz 14 kommt die Rabobank mit einer Anleihe von 4,75 Prozent Normalzins. Der Titel der Niederländer läuft bis zum 15. Juni 2018 und rentiert bei derzeit -0,0853134 Prozent. Das Volumen: 5.084.241.250 Dollar Quelle: REUTERS
Top 13: Commerzbank AGAuch die Anleihen des zweitgrößten Geldhauses der Bundesrepublik rentieren mit -0,1815399 Prozent negativ. Der Titel läuft bis zum 2. Juni 2019, hat einen Zinskupon von 4,375 Prozent und kommt damit auf ein Volumen von 2.101.800.000 Dollar. Quelle: REUTERS
Top 12: Caixa SADie Ausweitung der EZB-Anleihekäufe auf Schuldscheine europäischer Großkonzerne drückt deren Renditen immer tiefer. Inzwischen müssten Anleger bei 16 Prozent der Papiere dafür zahlen, den Firmen Geld leihen zu dürfen, teilte Tradeweb mit. Anfang Mai habe die Quote noch bei fünf Prozent gelegen. Anleihen der spanischen Bank CatalunyaCaixa kommen trotz eines Zinskupons von 4,25 Prozent auf eine Effektivverzinsung von -0,036232066 Prozent. Der Schein wird am 26. Januar 2017 fällig und hat ein Volumen von 2.507.600.000 Dollar. Quelle: REUTERS
Top 11: BNP Paribas SADer Französische Bankenriese verzinst seinen bis zum 27. Juni 2017 laufenden Bond mit 2,875 Prozent. Doch die Rendite ist auf -0,1012968 Prozent gefallen. Das Volumen: 1.559.362.500 Dollar. Quelle: REUTERS
Top 10: BMW Finance NVDer Langläufer der Bayern ist mit einem Normalzins von 3,25 Prozent ausgestattet und verfällt am 14. Januar 2019. Aktuelle Rendite: -0,0732932 Prozent. Der Ertrag beläuft sich auf 1.584.700.000 Dollar. Quelle: AP
Top 9: Berlin Hyp AGDie Deutsche Pfandbriefbank legte einen Bond auf mit einem Normalzins von 4,5 Prozent. Das Papier läuft bis zum 3. Mai 2019 und rentiert bei minus 0,1940956 Prozent. Der Ertrag beläuft sich auf 1.359.410.000 Dollar. Quelle: PR

Nach Vorstellung der EZB sollen die günstigen Finanzierungsbedingungen dazu beitragen, dass die privaten Haushalte ihren Konsum steigern und die Unternehmen Kredite nachfragen, um Investitionen zu tätigen. Ein hiervon ausgehender positiver konjunktureller Impuls soll dann zur Erreichung des EZB-Inflationsziels beitragen. Mit Blick auf die Kreditvergabe im Euroraum (Unternehmenskredite) ist zumindest eine allmähliche Erholung festzustellen. War die Kreditvergabe im Zuge der europäischen Schuldenkrise drastisch eingebrochen, haben sich die Jahreswachstumsraten zwischenzeitlich wieder in den positiven Bereich zurückgekämpft. Mit einem Plus von zuletzt 1,3 Prozent liegt die Dynamik auf europäischer Ebene immer noch unterhalb des Niveaus der Vorkrisenjahre. Damals lag das durchschnittliche Kreditwachstum in der Eurozone bei über acht Prozent.

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