




Auf den Realitätsgehalt der Aussagen von Justizministerin Christiane Taubira darf man besonders gespannt sein. Sie beschreibt nämlich, wie Dank der von ihr verfochtenen Alternativen zur klassischen Haftstrafe die französischen Gefängnisse nicht länger überfüllt sind, Strafen in Zukunft sowohl die Interessen der Opfer, aber auch mehr die Resozialisierung der Täter berücksichtigen. Darüber sind sich Taubira und Innenminister Manuel Valls - der seinerseits über nicht näher definierte "Sicherheitskräfte 3.0" schwadroniert - schon in diesem Sommer in die Haare geraten. Und zwar in einem Maße, dass darüber Wetten abgeschlossen wurden, wer von den beiden wohl länger im Kabinett bleibt.
Wirtschafts- und Finanzminister Pierre Moscovici wiederum ist sich sehr wohl bewusst, dass die von Hollande gestellte Aufgabe "riskant" ist. "Sie könnte sogar künstlich wirken, wenn sie in eine Politik der Staatsfiktion mündet" schreibt er in der Einleitung seines Dossiers. Doch dann gerät auch er ins Schwelgen. Aus deutscher Sicht besonders interessant ist, dass er das deutsche Wirtschaftsmodell lediglich "auf kurze Sicht ideal" findet. "In zehn Jahren entspricht es nicht mehr dem Stand der Weltwirtschaft", urteilt der Minister. Die Nachfrage der Schwellenländer nach Ausrüstungsgütern werde weit niedriger sein als heut zu Tage. Frankreich müsse deshalb "qualitativ hochwertigeren Segmenten den Vorrang geben".
Zahlreiche französische Kommentatoren haben die bereits in den vergangenen Tagen durchgesickerten Details mit einer Mischung aus Ironie und Häme überzogen. Die Minister malten die Zukunft rosarot, hieß es, auch vom "Land der Glücksbärchen" war die Rede. "Es handelt sich sehr viel mehr um persönliche Formulierungen einer Vision des Wünschenswerten als um eine wissenschaftlich fundierte Arbeit," bedauert Philippe Durance, Ökomom mit Schwerpunkt Zukunftsforschung.
Nicht nur er wünscht sich "Konkretes". So sei Moscovicis Ziel der Vollbeschäftigung zwar nicht unrealisierbar - "unter der Voraussetzung, dass er erklärt, wie man dorthin kommt". Der Wirtschaftsminister analysiere zwar korrekt die Folgen des demographischen Wandels und der Alterung der Gesellschaft für den Arbeitsmarkt. Er lasse es jedoch dann völlig an Vorstellungen über künftige Beschäftigungsprofile und nachgefragte Fachkompetenzen fehlen. "In welchen Branchen werden Stellen geschaffen? Wie muss die Ausbildung auf diese Potentiale abgestimmt werden? Das ist ein wichtiges Thema, wenn man weiß, dass heute in Frankreich das Angebot und die Nachfrage von Arbeitsstellen häufig auseinander klaffen."