Wirtschaftskulturen Unterschiede machen Europa stark

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"Man hat zu sehr auf die Ökonomen gehört

König Otto, ein Sohn des bayrischen Königs, herrschte von 1832 bis 1862 in Griechenland. Mit mitteleuropäischen Vorstellungen von Staatsgewalt und Steuermoral hatte er wenig Erfolg. Seine Untertanen verjagten ihn schließlich.

Leidet die europäische Einigungspolitik also unter Geschichtsblindheit?

Man hat zu sehr auf die Ökonomen gehört. Die sagten, das kriegen wir schon hin, wir öffnen die Märkte, investieren, und dann wird sich alles angleichen. So kam es aber nicht, und man hätte es wissen können. Aus der Erfahrung Italiens. Dessen Eliten sind seit 150 Jahren nicht in der Lage, das Land zu vereinheitlichen. Kollektive Mentalitäten ändern sich nicht so einfach – die Wirtschaftskultur sowieso nicht.

Aber es gibt doch durchaus positive Beispiele aus der Wirtschaftsgeschichte.

Das beste Beispiel ist Japan. Japan hatte auch vor der Öffnung des Landes und der Meiji-Restauration eine funktionierende Wirtschaftskultur. Aber sie war international nicht wettbewerbsfähig. Und das haben die Japaner sofort verstanden, als 1853 die amerikanischen Kanonenboote vor ihrer Küste aufkreuzten. Da haben sie gewaltige Arbeit geleistet, Studiengruppen in die ganze Welt entsandt und sich informiert, wie man das Land und die Wirtschaft besser organisieren kann. Die größte Leistung war, alles im Rahmen der japanischen Traditionen laufen zu lassen. Denn eine Wirtschaftskultur kann man nicht gegen starken Widerstand aufzwingen, das geht nicht. Sie muss mit den herrschenden Denkweisen kompatibel und für die Menschen akzeptabel sein.

Die Japaner haben es aus eigener Kraft geschafft, zur Wirtschaftsgroßmacht zu werden. Den Südeuropäern wird durch die Kohäsionsfonds der EU seit vielen Jahrzehnten von den Mittel- und Nordeuropäern geholfen. War das vielleicht sogar ein Fehler?

Das Problem ist nicht die Hilfe an sich, sondern wie geholfen wird. Bis jetzt glauben die Europäer, Harmonisierung sei der Weg zum Erfolg. Aber auf der Ebene der Wirtschaftskulturen ist das falsch. Man muss feststellen, wo die Vorteile unserer Wirtschaftskulturen  liegen – und zwar auf ihre jeweiligen Märkte bezogen. Und dann muss man sie stärken, auch wenn dies differenzierte Strategien der Wirtschaftspolitik erfordert. Das ist natürlich eine Herkulesaufgabe. Brüssel wäre damit völlig überfordert.

Und was machen wir nun mit einem Land wie Griechenland?

Es ist keine Lösung, Griechenland aus der EU zu werfen. Ich denke, man könnte Griechenland im Rahmen der EU helfen, Staat und Gesellschaft zu stärken – obwohl ich nicht weiß, wie genau das gehen soll. Aber eine Wirtschaftskultur wie die griechische in die Disziplin einer Hartwährungsunion einzubinden, das ist völlig absurd.

Die Instrumente zur Euro-Rettung

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