Wirtschaftsweise Grimm auf der „Europe 2022“ „Deutschland rutscht in die Rezession“  

Veronika Grimm bei Online-Konferenz „Europe 2022“. Quelle: Phil Dera

Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm erwartet im laufenden Quartal ein Minuswachstum in Deutschland – und glaubt nicht, dass die hohe Inflation schnell wieder verschwindet.

  • Teilen per:
  • Teilen per:

Um 0,7 Prozent ist die deutsche Wirtschaft im vierten Quartal 2021 geschrumpft – und glaubt man der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm, wird es im laufenden Quartal konjunkturell nicht viel besser laufen. „Wir rutschen in diesem Winter wahrscheinlich in eine technische Rezession“, warnte die Ökonomin von der Universität Erlangen-Nürnberg auf der Online-Konferenz „Europe 2022“ von WirtschaftsWoche, Handelsblatt, Zeit und Tagesspiegel.  

Laut Grimm schlagen nach wie vor die weltweit gestörten Lieferketten durch, hier „normalisiert sich die Situation leider nicht so schnell, wie wir gehofft haben“. Die Auftragsbücher der Industrie seien zwar voll, die Produktion jedoch komme nicht hinterher. Die logistischen Probleme könnten sich sogar noch einmal verschärfen, wenn große Häfen in China pandemiebedingt schließen müssten. Zugleich leide der deutsche Dienstleistungssektor nach wie vor unter den Corona-Auflagen.  

Die aktuell hohe Inflation ist laut Grimm kein kurzfristiges Phänomen: „Sie wird nicht so schnell vorbei sein wie ursprünglich gedacht. Dies ist eine Herausforderung für die gesamte Volkswirtschaft.“ Grimm betonte auch die soziale Komponente der hohen Teuerung: Steigende Energiekosten könnten unter anderem auf die Lebensmittelpreise durchschlagen. Mit Blick auf die Politik der Europäischen Zentralbank sagte die Ökonomin, es sei nun wichtig, die Inflationserwartungen der Wirtschaftsakteure möglichst niedrig zu halten.

Wie geht es unserer Wirtschaft? Ökonomen-Talk bei der Online-Konferenz „Europe 2022“ von WirtschaftsWoche, Handelsblatt, Zeit und Tagesspiegel.   Quelle: Phil Dera

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, verteidigte auf der Konferenz die expansive Strategie der EZB gegen die wachsende Kritik aus Politik und Wissenschaft. Die EZB-Politik werde „in Deutschland weit kritischer gesehen als in den meisten anderen Ländern Europas“, sagte Fratzscher. Nach seiner Meinung ist die hohe Inflation vor allem exogen und durch steigende Energiepreise bedingt und nicht von der Notenbank zu verantworten. O-Ton Fratzscher: „Die EZB kann Putin nicht daran hindern, die russischen Gasexporte nach Europa zu drosseln.“

Allerdings müsse die Notenbank mögliche Zweitrundeneffekte bei der Inflation im Auge behalten. Zumindest die Gefahr einer Lohn-Preis-Spirale mag Ökonom Fratzscher nicht völlig ausschließen.

Zur Veranstaltung: Wie kann Europa seine Stellung in der Welt behaupten? Seien Sie hier per Videostream live dabei, wenn auf der Konferenz „Europe 2022“ führende Köpfe aus Politik und Wirtschaft Antworten geben.

© Handelsblatt GmbH – Alle Rechte vorbehalten. Nutzungsrechte erwerben?
Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%