Zittersieg oder klarer Erfolg? Front National hofft auf Hofer

Wie soll man die Vorzeichen deuten? Allgemeine Wahlmüdigkeit und weniger Briefwähler lassen eine zurückgehende Beteiligung vermuten. Auf wessen Kosten das geht, darüber streiten die Experten.

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Zwei Wahlplakate der Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen in Wien. Quelle: dpa

„Wir werden in Demut das Wahlergebnis zur Kenntnis nehmen.“ Der FPÖ-Kandidat Norbert Hofer legte sich am Sonntag endgültig fest: Die Rechtspopulisten werden diese Bundespräsidentenwahl nicht mehr anfechten. Nach Verlassen seines Wahllokals in Pinkafeld im Burgenland stellte sich der 45-Jährige sehr selbstbewusst den Fragen auch gerade der ausländischen Presse: Nein, er sei nicht für einen Öxit, wiederholte er zum x-ten Male.

Der FPÖ fällt es nach dem Dauerfeuer gegen die EU in den letzten Jahren und Jahrzehnten schwer, nun einen moderaten Kritikkurs zu verkaufen. Das aber ist Voraussetzung für einen Sieg: Die Wähler der Mitte entscheiden, ob Hofer oder der Grünen-nahe Alexander Van der Bellen das Rennen macht.

Es ist schwer, die Vorzeichen für einen Ausgang zu deuten. Klar ist, dass wesentlich weniger Briefwähler als am 22. Mai ihre Stimme abgegeben haben. Der Rückgang um 20 Prozent scheint auf den ersten Blick auf Kosten Van der Bellens zu gehen. Die Briefwähler hatten vor sechs Monaten das Ergebnis zu seinen Gunsten noch gedreht. Wohl auch daher wirkte der 72-jährige Van der Bellen am Sonntag zwar zuversichtlich, mischte aber auch eine Portion Zweifel an seinem Sieg in sein Statement vor Dutzenden Kameras: „Man kann nie sicher sein.“

Hofer seinerseits hat beim Buhlen um die Mitte möglicherweise einen Fehler gemacht. Der im Wahlkampf fast immer lammfromm auftretende Rechtspopulist könnte seine Kern-Anhängerschaft enttäuscht haben. „Er wirkte fast wie ein Pfarrer: Lächelnd, gütig, verständnisvoll, verzeihend“, meint der Chef des Meinungsforschungsinstituts OGM, Wolfgang Bachmayer. Dabei wollten die Fans der Blauen - Blau ist die Parteifarbe der FPÖ - wirkliche Wahlkämpfe mit allen Derbheiten und Vereinfachungen, ist sich der Experte sicher.

Andererseits liegt es laut Bachmayer auf der Hand, dass ein deutlicher Rückgang bei der Wahlbeteiligung eher zum Schaden Van der Bellens wäre. Er habe bei seinem hauchdünnen Sieg am 22. Mai deutlich mehr Wähler aus den Reihen der ausgeschiedenen Kandidaten gehabt als Hofer. Unterstelle man eine gesteigerte Wahlmüdigkeit gerade bei dieser Klientel, seien die Weichen auf einen Hofer-Sieg gestellt, meint Bachmayer. Andere Fachleute teilen diese Prognose nicht.

Auf Hofer setzt erwartungsgemäß auch Marion Le Pen. Die Nichte der rechtsextremen Präsidentschaftsanwärterin Marine Le Pen aus Frankreich drückte Hofer die Daumen. „Lieber @norbertghofer, ich wünsche Dir für diesen Sonntag große Erfolge. Du hast die Unterstützung von Patrioten aus aller Welt!“, twitterte der 26-jährige Nachwuchsstar der Rechtspartei Front National auf Deutsch.

Dieses Mal wird es aufgrund neuer Verfahrens-Vorschriften besonders spannend. Bisher war es den Wahlbehörden erlaubt, Einzelergebnisse bereits vor Schließung aller Wahllokale zumindest den Medien mitzuteilen. Nach der Anfechtung der Wahl vom 22. Mai durch die FPÖ und ihrer folgenden Annullierung wegen vieler Schlampereien wurde auch diese Praxis gerichtlich verboten.

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